Abbruch Bauprojekt wegen Kostenüberschreitung

Guem Ligerin

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18. März 2021
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Wir wollten einen zweistöckigen Anbau erstellen lassen. Nach einem Jahr Planung mit  

den Architekten wurde das Budget durch die Architekten um 120'000.- überschritten. Statt mit dem Rotstift zumindest eine schlankere Variante zu planen, wollten sie ganz neu mit der Planung beginnen. Bezahlen hätten wir das natürlich auch nochmal müssen.

Da das Vertrauen inzwischen weg ist und wir vielleicht nach einem Jahr wieder am selben Punkt stehen, haben wir abgebrochen. Nun stellen die Architekten noch horrende Nachforderungen. 

Hat jemand Erfahrung mit so etwas oder mit diesen Architekten? 

An wen wenden, an einen Bauökonom oder an einen Anwalt?

 
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Hallo Guem

Okay, ein Jahr Planung und wie weit seid Ihr? Da müsste ja eigentlich zumindest eine Baubewilligung auf dem Tisch liegen. Habt Ihr zusammen einmal den Kostenrahmen in einem Vertrag schriftlich fixiert?

Wenn Du die SIA Norm 102 (Honoroarordnung für Architekten) zu Rate ziehst, stehen dort folgende Angaben:

Stand Vorprojekt: Grobkostenschätzung +/- 15%

Stand Bauprojekt: Kostenvoranschlag +/- 10%

Wenn z. B. der Umbau zuerst einmal im Vorprojekt mit max. CHF 500'000 geschätzt wurde, dürfte er mit Stand Bauprojekt bei max. CHF 575'000 zu liegen kommen. Ansonsten hat Dein Architekt seinen Job nicht richtig gemacht. Da dürfte er Probleme kriegen, wenn er sein Honorar zu 100% durchsetzen will.

Schönes Wochenende

Urs Tischhauser

 
Danke für Deine Antwort! 

Vetragliche Bausumme war 500'000.

Die Kostenschätzung vom Mai, vor der Baueingabe war über 750'000.-, aber mit +/- 25%. 

Wir hatten daraufhin eine Kriesensitzung, wo wir auf das Budget hingewiesen haben und unsere Anforderungen dafür vorgelegt haben. Uns wurde damals verprochen, dass sie das hinbekommen, sonst hätten wir da abgebrochen. 

Baubewilligung haben wir im Sommer eingereicht und im Herbst erhalten. 

Im November 2020 bekamen wir den 2. Kostenvoranschlag über 600’000  (+/- 10%). 
Es wurde dann mit den Ausscheibungen gestartet, um genaue Preise zu bekommen. 
 
Im Januar nach dann der Knaller: Kosten bei 620'000. Für einen zweistöckigen Anbau mit UG im Rohbau und einem Wohnzimmer. Fläche pro Stock 34 m2. 

Weitere Sparmassnahmen waren laut den Architekten nicht mehr möglich. Stattdessen hätten wir ein neues Projekt (Holzanbau durch GU) starten und bezahlen sollen. Die Architekten hatten für sich dort dann 100’000.- budgetiert. 

Wir fanden das absurd und haben da abgebrochen.

Nun möchten sie noch eine fünfstellige Summe und drohen quasi sonst die ganze vertragliche Honorarsumme einzufordern.

Ich tendiere nun dazu, einen Anwalt beizuziehen und mich beraten zu lassen.

 
Bei uns war das so

Grobschätzung der Baukosten für erarbeitete Lösungsmöglichkeiten + 21.00% - 25.00% Kostenschätzung zum Vorprojekt + 15.00% - 20.00% Kostenvoranschlag zum Bauprojekt + 8.00% - 15.00.

Daran gehalten hat sich der Architekt nicht. Wir mussten massiv Abstriche machen und Gewerke streichen/selber machen und zurückstellen. Die Abschlussrechnung wurde dann so frisiert, dass es eine Punktlandung gab.

Kostenübschreitung bei bei kommunizierten 480'000 Umbaukosten waren dann zum Schluss 50'000 auf der Abrechnung, effektiv aber 180'000.-.

Ihr seid also nicht alleine mit üblen Architekten. Unserer war sich auch keiner Schuld bewusst "Bauen ist keine exakte Wissenschaft"

 
Schlimm ist, dass die einfach so weitermachen. Unser Architekt ist in diversen Kommissionen und als Lehrer für Architekten tätig. Wir hätten unbedingt die Bauherren für Referenzen anrufen sollen. 

Ich finde, wenn man das Budget überschreitet und man dafür auch gut oder mehr gebaut hat, hat wenigstens das Haus am Schluss mehr Wert und das Geld ist nicht verloren. 

Wir hätten wirklich nur für den Anbau mit einem UG Zimmer im Rohbau und Eg Wohnzimmer 620'000.- bezahlen sollen. Ohne Reserven. Ein Quatratmeterpreis von über 10'000.-. Die Bank hat uns sogar angerufen deswegen.

Wir hätten beim Bauen das Budget garantiert noch viel mehr als die 20% überschritten. Bei uns im Dorf hat so ein Fall dazu geführt, dass das Haus zwangsversteigert wurde. Eigentümer hat Haus und Eigenkapital verloren, Erlös hat aber gerade die Hypothek gedeckt, die Bank hatte somit kein Minus.

Ich möchte also alle vor Verträgen mit Schiedsgerichten und solchen Architekten warnen. Mani Architekten

Das Büro ist in Bern, macht mehrheitlich Anbauten, gerne Fenster, die man nicht öffnen kann und runde Ecken. Mani Architekten

 
Ihr seid also nicht alleine mit üblen Architekten. Unserer war sich auch keiner Schuld bewusst "Bauen ist keine exakte Wissenschaft"


Gut, aber 🚀 "Raketenwissenschaft" ist es (in den meisten Fällen 😂) auch nicht. Klar bringen Umbauten immer Unvorhergesehenes mit sich. Im Besonderen bei älteren Bauten, welche schlecht dokumentiert sind und man nicht so genau weiss, was alles zum Vorschein kommt. Oft fehlt den Architekten aber schlicht der Mut, dem Bauherrn von Anfang an reinen Wein einzuschenken, bzw. er hofft, dass es dann doch nicht ganz so schlimm sein würde, wie er es ahnt....

Wenn der Bauherr aber über seinen möglichen Finanzrahmen belastet wird, ist dies auch für alle Beteiligten unangenehm. Und, früher oder später kommt ja sowieso alles auf den Tisch!

Ich wünsche einen schönen Tag

Urs Tischhauser

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Stimmt sicher. Aber bei einem Haus mit Hurtisdecke und rechteckigem Grundriss bei dem alle Böden und Decken gesäubert wurden, sprich von Dämmung usw. befreit worden war, ist da nicht mehr viel Unvorhergesehenes. Wasser und Strom wurden komplett neu eingezogen. Von Anfang an so geplant. 

Es kamen auch wirklich nur ganz kleine Sachen dazu die ein paar tausende Franken zusätzlich verursachten. Darüber streitet man ja auch nicht.

Jetzt im Nachhinein muss ich sagen, dass ich hätte auf mein Bauchgefühl hören sollen und schon viel früher die Notleine hätte ziehen müssen.

Was kann man gegen diese grässlichen Architekten tun? Nicht viel. Eine GmbH mit 20'000.- Einlage, möglicherweise in Möbel und Plandrucker investiert und das wars auch schon. Keine Versicherung zahlt für grobe Unfähigkeit. Wenn man also vor Gericht recht bekommen sollte und sogar 180'000 Schaden anerkannt würden, hätte man schnell 10'000 Anwaltskosten (vom Ärger und Aufwand gar nicht angefangen) und dann? Betreiben. Im wahrscheinlichen Fall hat er noch andere Gläubiger und aus der Verwertung der GmbH bekommt man die Anwaltskosten zurück. Wozu? Der kann ja dann einfach eine neue GmbH gründen und weiter machen. Wahrscheinlich noch mit den selben Möbeln die seine Frau ersteigert hat...

Eine Beschwerde über die SIA bringt vor allem viel Aufwand. Und man muss auch noch eine Vorleistung erbringen. Und dann? Zum Schluss bekommt man im besten Falle die Genugtuung, dass der Pfuscher eine Rüge erhält. Hat er deswegen keine Kundschaft mehr? Werden die Leute dadurch gewarnt? Nein. Und Geld sieht man auch keines.

 

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