Afrika - ein Bébé Paradies?

united

Benutzer
07. März 2007
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zuerst möchte ich für die nützlichen tipps und links danken, die ich hier schon bekommen habe. beim lesen habe ich festgestellt, dass viele "alternative" methoden wie zum beispiel windelfrei afrika als referenz anführen. da ich selbst in afrika gelebt habe, will ich dazu ein paar dinge sagen. nachfolgendes gilt für afrika südlich der sahara, von nordafrika weiss ich nichts.

afrika ist ein extrem hartes land. wer nicht dort gelebt hat, kann sich nicht vorstellen, wie extrem aus unserer sicht die lebensbedingungen für die normale bevölkerung dort sind. ein durchschnittliches familieneinkommen in schwarzafrika beträgt ca 30 franken im monat. mindestens ein fünftel aller menschen haben gar keine einkünfte und sind vom goodwill anderer abhängig. das führt zu vielerlei formen von ausbeutung und sklaverei innerhalb von familie und verwandschaft. um unter diesen umständen zu überleben, können die menschen nicht zimperlich sein. auch in den städten haben nur die privilegiertesten strom, fliessendes wasser und eine toilette im haus. allerdings haben die meisten bewohner der städte ein handy!

wie kommen afrikanische bébés auf die welt?

-ohne hygiene und desinfektionsmassnahmen

-ohne die möglichkeit ärtztlicher hilfe

-mit mangelerscheinungen und krankheiten

-meistens leichter als 3 kilo

wie leben afrikanische bébés?

-wenn die mutter zuwenig milch hat (oft der fall) bekommen sie milch aus nestle kuhmilchpulver - mit entsprechenden folgen

-mit wenig zärtlichkeit (liebe äussert sich in afrika nicht mit zärtlichkeit)

-nackt im schmutz (afrika ist übersät mit abfall und fäkalien)

-mit schlägen als erziehungsmittel

-mit vielen giften und schadstoffen, die bei uns schon lange verboten sind wie DDT, benzol, etc.

-ohne spielsachen

-ohne medizinische hilfe. medikamente erhalten kinder frühestens ab 5 jährig, sobald sie im haushalt mithelfen können.

schreklich? übertrieben?

die realität ist noch viel härter und die liste bei weitem nicht abschliessend. glauben sie mir, afrikanische eltern lieben ihre kinder genauso wie wir. ich habe mehrmals erlebt, dass mir mütter ihre kinder schenken wollten oder sogar sex anboten, damit ich sie nehme! dabei haben sie bestimmt nicht an ihren eigenen vorteil gedacht! warum kaufen sie dann lieber ein neues t-shirt für sich als malaria medikamente oder ein moskitonetz für die kleinkinder? weil ein kleinkind, das medikamente benötigt sowieso früher oder später stirbt. es ist einfach nicht fit genug für ein leben in afrika. da ist es besser wenn es schnell stirbt, weil es dann weniger ressourcen konsumiert, die denen fehlen die (schon) etwas zum überleben der familie beitragen können.

einige interessante dinge für uns hier konnte ich aber schon beobachten:

-afrikanische kinder sind mit 5 monaten stubenrein. unfälle passieren höchstens beim spielen. da sie aber immer nackt und immer draussen spielen ist das nicht weiter schlimm. das bébé wird abgewischt und das gagi ist nach einer stunde trocken und hart wie stein, sodass das bébé wieder gefahrlos darüber hinweg krabbeln kann...

-afrikanische bébés sind fast von geburt an deutlich muskulöser als europäische. sie können viel früher den kopf selber heben und sind niemals so "schwabbelig" anzufassen wie unsere. mit 2 monaten sind sie kompackt und fast drahtig anzufassen. ob das davon kommt, dass sie kein bettchen haben sondern immer überall mitgeschleppt und einfach auf den boden gelegt werden, wenn sie im weg sind?

-bébés sind viel wiederstandsfähiger als wir glauben. gemessen an unseren massstäben dürften afrikanische kinder gar nicht 4 jährig werden und wenn doch, so müssten sie an psychologischen multitraumata leiden. sie tun es nicht. sie lachen im gegenteil fast den ganzen tag! ich glaube nicht, dass das am wetter liegt.

a plus!

PS: an afrika denke ich immer mit etwas heimweh, aber auch immer mit etwas wehmut....

 
Wow. Da sieht man wieder mal, wie verweichlicht wir "zivilisierten" eigentlich sind. Wenn unsere Kinder nur irgendwas in den Mund nehmen, was am Boden lag, rennen wir schon beinahe ins nächstgelegene Spital... und wundern wie uns, wie oft wir krank werden, wenn wir dem Körper keine Chance zum Aufbau von Abwehrstoffen geben.

Gruss

Youngster

 
ja, wir sind in der tat verweichlicht. in dieser hinsicht können wir von afrika besimmt etwas lernen. es ist sicher auch zutreffend, dass das immunsystem eines kindes in mali leistungsfähiger ist (falls es nicht durch HIV lahmgelegt wird) als das bei uns der fall ist. es gibt noch genug andere beispiele, wo wir von der afrikanischen lebensweise profitieren könnten. aber man sollte die schweren defizite des systems "afrika" nicht romantisch verklären. die realität ist geeignet als schlechtes beispiel und nicht als vorbild. wenn man dabei steht, ist es ziemlich grausam mit anzusehen wie ein kind sinnlos zugrunde geht, nur weil das wissen und das geld fehlen und nicht selten auch der wille. ein leben zählt wenig in afrika und das eines kleinkindes fast nichts. ich habe gelernt das zu akzeptieren, aber ich habe mich nie daran gewöhnt.

 

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