Architektur & Urheberrecht & Kunst

cinemax

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07. Okt. 2013
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Hallo zusammen

Ich möchte das Thema Urheberrecht nochmals aufgreifen und folgendes Halbwissen festhalten:


(Urheberrechtsgesetz, URG)


d. Werke mit wissenschaftlichem oder technischem Inhalt wie Zeichnungen, Pläne, Karten oder plastische Darstellungen;

e. Werke der Baukunst;

Weiter wird in SIA klar geregelt, dass ohne spezielle Vereinbarung das Urheberreicht beim Architekten bleibt.

Nun kommt der Halbwissen Teil:

d. --> Da technische Zeichnungen / Pläne und Karten in Ihrer Form oftmals nicht einmalig sind, ist es aus meiner Sicht fraglich, dass wenn Pläne in leicht abgeänderter Form neu gezeichnet werden noch dem ursprünglichen Urheberrecht unterleigen. Was sind eure Meinungen?

d. --> Der Architekt hat ganz klar das Urheberrecht an den Zeichnungen, da diese vollständig durch ihn gezeichnet wurden, jedoch nicht am imateriellen gut, da dieses in einer Zusammenarbeit zwischen Architekt und Bauherr entstanden sind. Natürlich kommt hier die Beweislast auf einen zu, ich glaube aber nicht, dass ein Gericht dies abstreiten würde (in dubio pro reo)

e. --> Hier verhält es sich aus meiner Sicht anders.

Nun zu meinem Fall: Mein Architekt hat ein rundes Fenster in einer doch sehr sprechenden Form gewählt. Dieses Fenster ist in seiner Art sehr speziell und ich kann mir vorstellen, dass es unter Baukunst gehen wird.

Ich habe mir überlegt, dass wenn es unter Kunst geht und ich nicht das Urheberrecht besitze, ich genau genommen:

- Kein Foto meines Hauses machen darf, wenn der Architekt nicht sein einverständnis gibt.

- Ich keine Planungskopien erstellen darf, resp. neue Pläne aufnehmen darf, da dies wiederum als Planungskopie gilt.

- Ich nicht einmal bauliche Veränderungen durchführen darf, ohne die Zustimmung des Urhebers, da dies eine eine Manipulation eines Gutes darstellt, welches ich nicht besitze.

Nun zu meiner eigentlichen Frage an euch:

- Bin ich hypochondrisch veranlagt, oder laufe ich Gefahr hier massiv dem Architekten ausgeliefert zu sein?

- Ist es normale Praxis, dass das Gut beim Architekten verbleibt?

Danke für eure Inputs und Erfahrungen

 
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Nur die Pläne sind das geistige Eigentum des Architekten, er muss sie als Teil des Auftrags zwar herausgeben, er darf sie aber auch selber weiter verwenden. 

Aber das Bauwerk gehört dir, es ist das Resultat eines Auftrags, den du bezahlt hast. Das heisst, Dritte dürfen die Pläne nicht verändern, aber was du mit deinem Haus machst, ist deine Sache, dazu gehören auch Fotos.

Hier auch noch ein Beitrag, der das gut beschreibt:

Der Bauherr darf die Leistung des Architekten während der Bauphase nutzen. Er darf seine Immobile also nach dessen Plänen erstellen. Es ist aber nicht erlaubt, die Pläne durch einen Dritten weiterbearbeiten oder ändern zu lassen. Nach Fertigstellung des Objekts steht es dem Bauherrn allerdings frei, das Bauwerk nach seinen Bedürfnissen zu verändern. Der Architekt kann sich dagegen nur schwer wehren und zwar nur dann, wenn die geplanten Veränderungen an seinem Werk eine persönlichkeitsverletzende Entstellung zur Folge hätte. Diesem Einspruch wurde aber vor Bundesgericht bisher noch nie stattgegeben.

Theoretisch könntest du das Urheberrecht auch wegbedingen. Das wird gerade bei speziellen Bauten manchmal verlangt, damit kein zweites gleiches "Werk" entsteht, es also nur ein Original und keine Kopien gibt. In der Praxis ist es wohl eher selten, weil der Architekt gerne seine Pläne weiterverwendet und der Hausbesitzer später an seinem Haus weiterwerkeln will. So sind letztendlich ja beide zufrieden ? 

Vielleicht kann dir ein Architekt wie @Urs Tischhauser auch noch etwas dazu sagen.



 

 
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Eine andere Frage wäre, wie es umgekehrt ist (d). Du legst dem Architekten das Grundkonzept (Grobplanung auf Papier) vor, mit einem speziellen Merkmal, wie z.B. bei uns der Erker (e), vor, und er zeichnet danach. Das geistige Eigentum läge bei dir, das Urheberrecht aber beim Architekten? Ich kann mir vorstellen, dass nur jemand das Urheberrecht besitzen kann, der auch die geistige Schöpfung dazu erbracht hat. Ob ein rundes Fenster, gleich in welcher Ausführung, ein so ein herausragendes  schützenswertes Merkmal ist, hmm, da habe ich meine Zweifel, es bleibt ja ein rundes Fenster. Eine andere Frage wäre noch, ob der Architekt dein "geistiges Eigentum" weiter verwenden darf. Wenn dies  so wäre, verstösst die Regelung in der SIA meiner Meinung nach, in solch einem Fall, vermutlich gegen das Äquivalenzprinzip

Bei Fertighäuser, bei denen der Architekt nur die Ausführungsplanung mach, mag der Sachverhalt sicher auch noch etwas anders liegen. 

Aber zugegeben, recht kniffelige und interessante Fragen, und ja, vorab wegbedingen schützt.

 Gruss Pit

 
Eine andere Frage wäre noch, ob der Architekt dein "geistiges Eigentum" weiter verwenden darf.
Ja, denn das Urheberrecht schützt nicht Ideen, sondern nur deren Materialisierung bzw. die Form, in der die Ideen ausgedrückt werden, also Pläne, Texte usw. 
Ideen, Konzepte oder Methoden sind frei und dürfen (und sollen) verbreitet und ausgetauscht werden.

(Beispiel: Einsteins "Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie" als Text ist urheberrechtlich geschützt. Die Relativitätstheorie hingegen darf frei verwendet oder erläutert werden – nur nicht mit Einsteins Originaltext. In Arbeiten sind also Zitate mit Quellenverweis erlaubt, die gleichen Worte als die eigenen zu verwenden wäre hingegen Plagiat)

Ideen und Methoden sind durch das Urheberrecht nicht geschützt, da greift allenfalls der Patentschutz. 

 
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Liebe @Susann

Das Urheberrecht - dies möchte ich vorausschicken - ist natürlich eine Frage, welche wohl eher der Jurist als der Architekt selber beantworten kann.

Das eine ist das Urheberrecht am fertigen Bauwerk. Dabei interessiert mich die Frage: darf ich Fotos von einem Bauwerk machen und diese zu Werbezwecken publizieren, obwohl ja das Haus gar nicht mir gehört? Das kann ganz klar mit Ja beantwortet werden. Ob Du als Eigentümer eine Foto machen darfst? Ja sicher, Dir gehört ja das Haus.

Was könnte also sonst zu Streitigkeiten führen? Falls eine Bauherrschaft später ein Haus verändern will, könnte dies zu Problemen führen. Sogenannte "Stararchitekten" klagen dann allenfalls gegen die Eigentümerschaft, weil sie ihr Gesamtkunstwerk in Gefahr sehen. Es gibt einige Beispiele dazu, welche aber vor Gericht auch verschiedene Ausgänge genommen haben. Die Frage ist vordringlich, ob das Haus von der Öffentlichkeit als schützenswertes Objekt angesehen wird. Wenn es also von der öffentlichen Hand unter Schutz gestellt wurde, kann dies wirklich ein Problem sein. Sogenannte Alltagsarchitektur dürfte hingegen kaum Schutz geniessen. Und dazu gehört nach gesundem Menschenverstand 99% des schweizerischen Gebäudebestandes, auch wenn sich meine Bauten aus der Masse abheben ?.

Ein zweiter Aspekt, welcher ich mir vorstellen kann: Eine Eigentümerschaft händigt unentgeltlich oder gegen Bezahlung die Baupläne an einen Dritten aus oder verwendet die Pläne selbst für den Bau eines identischen Objekts. Der Architekt wird natürlich keine Freude daran haben, da er dabei leer ausgehen würde, obwohl seine Arbeitsunterlagen für diesen "Klon" benützt werden. Da würde ich mir also zutrauen, auch mal nachzuhaken, was denn mit meinem Honorar ist....

Ein einzelnes Bauteil wie von @cinemax beschrieben, denke ich reicht wohl kaum für eine Klage. Höchstens, wenn dieses runde Fenster eine bahnbrechende Innvovation welche durch ein Patent geschützt ist, denke ich wäre die Antwort Ja. Es ist ja nicht das einzelne Bauteil, sondern vielmehr die Komposition der Bauteile, welche die Einmaligkeit und den Wert unserer Arbeit ausmachen.   

Aber eben, da wären wir wieder bei meinem Lieblingswitz, welcher ich an anderer Stelle auch schon publik gemacht habe: Ein Bauingenieur, ein Psychiater und ein Jurist erörtern die schwerwiegende Frage: Was gibt drei mal drei? Der Bauingenieur zieht seinen Rechenschieber aus der Tasche und meint: "Ich kann es nicht ganz genau sagen, aber das Resultat liegt zwischen 8.9 und 9.1". Darauf meint der Psychiater salbungsvoll: "Also ich bin überzeugt, wenn wir uns den ganzen Tag intensiv darüber unterhalten, haben wir bis am Abend einen Konsens, hinter dem wir drei alle stehen können". Der Jurist schaut die beiden mit gestrenger Miene an und antwortet: " Ihr zwei, ihr seid doch Vollidioten. Drei mal drei, gibt neun!" ……. und meint nach kurzer Pause: " Aber, ob ich dies bei Gericht durchbringen werde, das weiss ich natürlich nicht!" 

Also ist die brennende Frage, ob sich einer aus der juristischen Fakultät an Cinemax's Frage wagt.....

Herzlicher Gruss

Urs Tischhauser

 
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Danke euch allen für die Kommentare und ich hoffe das hilft zukünftigen im Sinne einer kleinen Sammlung von Informationen. Mir hat es auf jeden Fall geholfen ;-)

 
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