Attikageschoss im Kanton Zürich

Giovanni4

New member
21. Jan. 2019
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Guten Tag allerseits,

ich bin gerade für einen Hausbau das richtige Grundstück zu suchen. Mein Favorit zur Zeit ist ein Grundstück mit folgenden Rahmenbedingungen:

Ausnützungsziffe: W2/30%

Überbaungsziffer: 20%

In der fraglichen Gemeinde ist ein Attikageschoss zulässig.

Nun habe ich von einem Kollegen aus dem Kanton Aargau gehört, dass das Attikageschoss maximal 60% des Vollgeschosses betragen darf (sehe dazu auch die entsprechende Verordnung:


[SIZE=9pt]§ 25 [/SIZE][SIZE=9pt]Attikageschosse (Ziff. 6.4 Anhänge IVHB)[/SIZE]
[SIZE=6pt]1 [/SIZE][SIZE=9pt]Die Grundfläche eines Attikageschosses darf höchstens 60 % der Fläche eines [/SIZE]

[SIZE=9pt]Vollgeschosses betragen. Balkone zählen nicht zur Vollgeschossfläche. [/SIZE][SIZE=9pt]* [/SIZE]

Eine entsprechende Regelung finde ich weder im Zürcher Gesetz/Verordnung noch in der BZO der entsprechenden Gemeinde.

In Zürich wird nur von einem Zurückversetzten des Attikageschosses um die hälfte der Höhe geschrieben (beidseitig Traufseitig).

Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass dies alles ist.

Kennt sich jemand hier im Forum bezüglich den Rahmenbedingungen für Attikawohnungen aus?

Ich wäre für jeden Hinweis (evt. auch Gerichtsentscheide) Dankbar.

Freundliche Grüsse an alle....



 
Deine lokale Bauordnung kenne ich nicht (bzw du hast sie nicht angegeben). Für mich stellt sich die Frage, wieviele Vollgeschosse und wieviele Dachgeschosse du bauen darfst. Im PGB kannst du nach Dachgeschoss suchen 275 §2 zB. besagt

Dachgeschosse sind horizontale Gebäudeabschnitte, die über der Schnittlinie zwischen Fassade und Dachfläche liegen. Gebäudeabschnitte mit einer Kniestockhöhe von höchstens 0,9 m, gemessen 0,4 m hinter der Fassade, gelten als Dachgeschosse. Bei vor dem 1. Juli 1978 bewilligten Gebäuden darf die bestehende Kniestockhöhe bis 1,3 m betragen.

Wenn du eine Skizze von Kniestockhöhe googelst, sollte man herausfinden was damit genau gemeint ist (eine Zeichnung hilft bestimmt).

 
Ah ok. Da steht ja einiges drin.

Die Harmonisierung hat, glaube ich, das Ziel, dass alle Gemeinden ähnliche (oder dieselben!) Worte & Begriffe verwenden. 

Ich glaube diese ist noch nicht überall gültig, es heisst insbesondere  hier

Die Änderungen werden in den einzelnen Gemeinden jedoch erst wirksam, wenn diese ihre Bau- und Zonenordnungen (BZO) ebenfalls harmonisiert haben. Die Gemeinden haben dazu Zeit bis am 28. Februar 2025. 

Ich würde also in deiner lokalen Bauordnung im PGB nach dem geltenden Recht suchen (siehe mein Kommentar oben zum Dachgeschoss)

 
Hallo murax9001,

danke für den Hinweis. Dann muss ich in diesem Falle in die alten Versionen der Gesetzte schauen.

Dort wird doch noch gar nicht von Attika gesprochen so viel ich weiss.

Mich erstaunt trotzdem die grosse Diskrepanz das der Kanton Zürich hier praktisch keine Regelung kenn und der Aargau die 60% Regel.

Aus meiner Sich lässt dies im Kanton Zürich sehr viel Spielraum für Streterein offen.

Gruss

Giovanni

 
Wahrscheinlich brauchst du für das Projekt ja sowieso auch eine Architektenin oder Generalunternehmerin. Die hat wohl Erfahrung mit der Thematik und kann dir hier hoffentlich auch weiterhelfen.

 
Hallo Muraxi9001,

zuerst mal vielen Dank für den Input.

Ich muss mir das mal näher anschauen (sobald ich Zeit habe).

Bez. Architekten - ja, da hast Du recht. Aber wie immer - mann will ja auch selber schlauer werden :)

Gruss

Giovanni

 
[SIZE=11pt]Hallo Giovanni[/SIZE]

[SIZE=11pt][/SIZE]

[SIZE=11pt]Es ist sehr gut, dass Sie sich selber so gut vorinformieren, was Sie zu einem kompetenten Bauherrn macht. Dies ist für möglichst viel Klarheit nötig, was Sie bei einem späteren Bauprojekt vor viel Ärger und Mehrkosten schützen wird. [/SIZE]

Zu Ihrer Frage. Eigentlich gibt es zu muraxi9001 seinen Beiträgen nicht mehr viel zu ergänzen. Insbesondere seine Aussage, dass Sie beim örtlichen Bauamt eine klare Vorgabe bezüglich Rücksprung Attika Fassadenlinie einholen, möchte ich auch unterstreichen.

Nun könnte es aber sein, dass Ihnen das örtliche Bauamt keine verbindliche Aussage abgeben möchte/ kann. Dies geschieht immer wieder und wäre nicht verwunderlich. Vor allem dann, wenn innerhalb der Gemeinde eben selber Unsicherheit bei den Fristen der Harmonisierung besteht, ist mit entsprechender Zurückhaltung zu rechnen.

Sie haben dann zwei Möglichkeiten.

Entweder Sie projektieren voll an die Grenze der ursprünglichen Gesetzgebung mit dem Risiko, wenn diese abweichend zur Harmonisierung ist, und die Harmonisierung „zufällig“ in der Projektierung- Baubewilligungsphase zu wirken kommt, das Sie dann entweder lange Rechtsauslegungsabklärungen haben, oder umprojektieren müssen.

Oder, Sie wählen den risikofreieren Weg, und projektieren nach schwächerer Baugesetzgebung, was natürlich Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit eines Projekts haben kann.

Am ehesten zu einem Entscheid gelangen Sie halt am ehesten, wenn Sie die Auskunft beim Bauamt einholen und diese dann bewerten. Ebenfalls kann Sie eine Risiko- Massnahmen/ Kosten- Ertragsvariantenrechnung weiterbringen.

Gerne kann ich Ihnen auch noch weitere Empfehlungen bezüglich *sich Klarheit verschaffen* mitteilen, was erste wichtige Schritte bei der Realisierung eines Bauprojekts sind.

Mfg TG






 
Hallo Giovanni

Es ist so, dass jeder Kanton sein eigenes Baugesetz und jede Gemeinde ihre eigene Bauordnung hat. Auch mit der Auslegung von Begriffen gibt es zwischen den PBG (Planungs- und Baugesetzen) der Kantone immer wieder Differenzen, was uns Architekten die Arbeit sicher nicht immer vereinfacht. Grundsätzlich kannst Du Dir dies wie bei einer Strasse vorstellen, bei welcher der Kanton den Teerbelag und die Leitplanken erstellt, jedoch die Gemeinde  verkehrsberuhigende Schikanen nach dem Gusto des Planers (und der Stimmbürger) einbauen kann. Daher ist eine verbindliche Aussage ohne Kenntnis der gültigen BZO (Bau- und Zonenordnung) wirklich beinahe unmöglich. Was grundsätzlich im Kanton Zürich möglich ist, schreibe ich weiter unten....

Selbstverständlich ist es immer gut, wenn man sich nicht nur auf den (fachlich ausgewiesenen) Architekten verlässt und man versucht gewisse Gesetzmässigkeiten selber zu begreifen. Kleine Anmerkung an Dich: Ich sage immer, der Architekt ist der Treuhänder des Bauherrn und darf nur dessen Interessen verfolgen. (Du solltest vielleicht aber Deinen Architekten vor Unterzeichnung des Vertrages daran erinnern). Er sollte Dir jederzeit Red und Antwort stehen, wenn Dir etwas unklar ist. Das gehört zum selbstverständlichen Service eines guten, professionellen Dienstleisters. Dennoch gibt es aber auch immer wieder in Rechtsfragen Interpretationsspielraum. Daher lassen sich oft auch Bauämter (Bauverwaltungen) nicht einfach zu einer verbindlichen Aussage bewegen. Ein cleverer Architekt kann Dir in diesem Falle unter Umständen etwas mehr herausholen als einer der lediglich "Dienst nach Vorschrift" macht.  Denn eine einfach zu handhabende Prozentzahl wie im Kanton Aargau gibt es im Kanton Zürich definitiv nicht.

Aber noch etwas konkreter im Kanton Zürich: Das PBG definiert das Attikageschoss unterschiedlich. Wenn Du ein Steildach machst bist Du privilegiert gegenüber dem Flachdach (was mich persönlich ziemlich nervt). Die Messweise sagt beim Steildach Folgendes: 40cm innerhalb der Fassade darf die Kniestockhöhe raumseitig gemessen nicht grösser als 90cm sein. Beim Flachdach hingegen muss das Dach aussen (inkl. allfälligem Vordach) unterhalb der Schnittlinie von 45° gegenüber dem Schnittpunkt zwischen Fassade und Dach des Vollgeschosses liegen. Ansonsten gilt dieses Attikageschoss als Vollgeschoss. Nur Juristen können eine solche Rechtsungleichheit erfinden :( . Weiter sagt das PBG dass traufseitig, also der längeren Fassadenlänge über 1/3 derselben Dachaufbauten erstellt werden können deren Höhe der normalen Dachhöhe des Attikageschosses entspricht. Dies wäre nun das absolute Maximum, welches erstellt werden darf. Möglich, dass die Gemeinde aber weitere Einschränkungen erlassen hat. Daher wäre es vonnöten, dass Du hier halt eine Angabe machst in welcher der 162 Gemeinden des Kantons Du zu Bauen gedenkst.

Deswegen wird Dir ja nicht gerade ein anderer Interessent Deine Traumparzelle wegschnappen.

Wünsche Dir auf alle Fälle viel Erfolg

Urs Tischhauser

Kleines Zahlenbeispiel zu oberer Aussage:
Länge des Hauses 15m, Breite des Hauses 12m, BGF (Bruttogeschossfläche) Vollgeschoss: 15 x 12 = 180m2

Steildach: mit Raumhöhe 2.40m erreicht bei 1.9m von aussen gemessen, also "Rücksprung" 1.5m

Attikageschoss: Rücksprung 1.5 x [(2 x 2/3 von 15) = 20m] also 1.5 x 20m = 30m2.   180 - 30 = 150m2

Attika weist 83% des Vollgeschosses auf.

Flachdach: Höhe Attikageschoss 3m, Vordach 0.5m

Attikageschoss: Rücksprung 3.5 x [(2 x 2/3 von 15) = 20m] also 3.5 x 20m = 70m2.   180 - 70 = 110m2
Attika weist 61% des Vollgeschosses auf.
Falls nun auf das Vordach verzichtet würde fallen nur 3x20= 60m2 weg.
Attika weist 67% auf.

Was lernen wir? Uns geht es auf alle Fälle besser als den Aargauern.  :) Aber wenn es knapp wird mit der Wohnfläche, müsstest Du eigentlich immer ein Steildach mit Neigung 45° bauen.
 

PS: Es gibt aber Gemeinden, welche den Messwinkel runterdrücken. Dann sind wir auch nicht mehr besser dran als im Rüeblikanton. :(

 
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Hallo zusammen

Kleine Korrektur zu obiger Rechnung:

PBG § 275 Abs. 4: Attikageschosse sind auf Flachdächern aufgesetzte, zusätzliche Geschosse. Das Attikageschoss muss bei den fiktiven Traufseiten gegenüber dem darunter liegenden Geschoss um das halbe Mass seiner Höhe zurückversetzt sein.

PBG § 292: Wo kein geringeres oder grösseres Mass bestimmt ist, dürfen Dachaufbauten, ausgenommen Kamine, Anlagen zur Nutzung von Sonnenenergie und kleinere technisch bedingte Aufbauten, insgesamt nicht breiter als die Hälfte der betreffenden Fassadenlänge sein, sofern sie
a. bei Schrägdächern über die tatsächliche Dachebene hinausragen,
b. bei Flachdächern das vorgeschriebene Mass der Rückversetzungen unterschreiten.

Das Attika über einem Regelgeschoss von 15 m Länge und 12 m Breite weist somit genau dieselbe Fläche aus wie das Steildach, nämlich 157.5 m2, resp. 87.5% des darunter liegenden Geschosses.

Dachvorsprünge bis zu 0.5 m Tiefe sind i.d.R nicht anzurechnen. Zudem gibt es Zürcher Gemeinden, bei denen eine ähnliche Regelung wie im Aargau getroffen wurde (z.B. in Thalwil mit max. 75% BGF des darunter liegenden Geschosses).

Architekt

 
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hoi zämme 

Habe Eure Erläuterungen nur kurz überflogen und nicht detailliert gelesen...
Wahrscheinlich beruhen die Aussagen von Urs auf der bisherigen Gesetzeslage während Du Dich auf die zukünftige Gesetzeslage nach IVHB (Interkantonale Vereinbarung über die Harmonisierung der Baubegriffe) berufst..?

...Im Kanton ZH ist die IVHB schätzungsweise momentan nur bei einer Handvoll Gemeinden in Kraft. 

 
Hallo torte

Nicht ganz. Ich habe das geltende PBG zitiert. Allerdings gelten in Gemeinden, deren Bauordnungen noch nicht auf den harmonisierten Baubegriffe abstützen, die im Anhang publizierten Paragraphen, sprich die alte Gesetzeslage. Die Gemeinden sind (oder wären) in der Pflicht, ihre Bauordnung bis spätestens Ende Februar 2025 mittels Teil- oder Gesamtrevision der geltenden Rechtsordnung anzupassen. Es spielt deshalb eine grosse Rolle, ob es sich um eine der noch wenigen Gemeinden handelt, wo die IVHB in die Bauordnung integriert ist oder nicht, und wo sich die Gemeinde in diesem Prozess befindet.

 
Sehr geehrter Herr Kollega

Ich finde es spannend, wenn auf einen über zwei Jahre alten Post geantwortet wird, mit einer Antwort welche dann in vier Jahren erst mit Sicherheit zum Tagen kommen wird.....

Aber jeder versucht auf seine Weise hier kompetente Antworten zu geben.....

Schönen Abend

Urs Tischhauser

 
Geltendem PBG hin oder her, momentan halten sich 158 Gemeinden noch an die „alte“ Gesetzeslage. 4 sind a jour. 

 
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