Begriff GU schlüsselfertig

soeme

Mitglied
13. Nov. 2008
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Ich hab mich mal so in das Thema GU eingelesen und habe jetzt so ein paar, vermutlich grundlegende, fragen...

Was bedeutet Grundsätzlich "schlüsselfertig" ?

Ist in einem Werkvertrag die Fertigstellung des Hauses immer schlüsselfertig zu verstehen oder muss das namentlich erwähnt werden?

Was birgt es für Vor- oder Nachteile ein schlüsselfertiges Haus zu bauen?

Was für eine Vertragsart ist es wenn der GU auch die Pläne liefert, ist das automatisch ein TU?

 
hoi soeme

grob zusammengefasst und ohne gewähr /emoticons/default_rolleyes.gif

"schlüsselfertig" heisst bezugsbereit, d.h. die bauherrschaft kann in das haus einziehen und darin wohnen.

einige bauherrschaften verzichten auf die schlüsselfertige fertigstellung des hauses, d.h. sie nehmen gewisse teilleistungen selbst in die hand (z.b. den innenausbau wie malerarbeiten, boden velegen, ausbau der nasszellen etc.). so können unter umständen kosten gespart werden.

wenn ein GU zusätzlich zur erstellung der baute (inkl. terminplan, kostendach, garantien) auch die entwurfs- und planungsaufgaben übernimmt, spricht man von einem TU.

gruss

marco

 
Hallo soeme,

wenn Du von einem GU sprichst, dann geht man davon aus, dass es sich um ein Unternehmen handelt, welches Haustypen zu einem vordefinierten Verkaufspreis anbietet. Diese sind dann, je nach Angebot als schlüsselfertige Varianten oder als Aus- oder Mitbauhäuser (eben für die zuvor besagten Eigenleistungen /Einspaarungen) gedacht.

Man kann es sich entsprechend aussuchen, die Haustypen so zu belassen (dann wäre deren Preis ja bekannt) oder abändern oder auch ganz individuell etwas entwerfen, anbieten und planen lassen.

Egal wie, bei ALLEN Varianten wird die jeweilige Baubeschreibung quasi zu Deinem "Gebetsbuch"! Ohne dies geht nichts mehr.

Nur, aber auch nur hier steht geschrieben was oder wenn man genauer liest, was NICHT im Preis enthalten ist! Steht dort wenig aussagekräftiges drin ist meist Vorsicht geboten, da hier der GU sich sehr viel persönlichen Spielraum gelassen hat. Es versteht sich von selbst, dass dieser nicht zu Deinen Gunsten ausfallen wird!

Wenn Du also ein schlüsselfertiges Haus haben möchtest, dann lege selbst vorher fest, ob und was Du selbst machen möchtest. Wenn Du nichts machen möchtest, dann sage dem Anbieter was er alles machen und daher anbieten soll. Wenn er Dich vorab NUR auf seine Baubeschreibung (bei euch ist dies wohl der Baubeschrieb..) verweist und erklärt, das restlich käme dann später, dann solltest Du Dir die Zusammenarbeit mit diesem reiflich überlegen.....

Grundlegend kann ich Dir nur raten, alles was Du Dir im Haus vorstellen und haben möchtest, VOR einem Vertragsabschluss anbieten zu lassen. Bestehe darauf diese Kosten vorab schriftlich angeboten zu bekommen, wenn Du dies nicht machst, dann wird Dir der GU später seine passenden Preise diktieren. Du hättest keine Chance mehr eine korrekte Auswahl zu normalen Preisen zu treffen.

 
Hallo emil

Wenn ich es richtig verstehe, ist in Deutschland der Bauträger, was bei uns der Generalunternehmer ist. Es wurde festgehalten - sofern ich das Baulatein richtig interpretiere - dass der Bauträger (GU) in D gegenüber dem Bauherrn haftet, sofern der Bauherr seine Ansprüche gegenüber den Handwerkern (Subunternehmen des Bauträgers?) nicht durchsetzen konnte (angeblich ohne Gericht).

Ist das in der Schweiz auch so? Subsidiärhaftungen finde ich nämlich nicht so ansprechend.

Beste Grüsse

Buddy

 
An sich ist es einfach: Du machst mit einem Unternehmer, der dies anbietet, einen Werkvertrag; er liefert Dir ein Haus zum Preis X und zum Termin Y. Gemäss OR gilt für Werkverträge, dass der Ersteller dem Auftraggeber ein mängelfreies Werk schuldet. Und da Du nur mit einem Unternehmer einen Werkvertrag hast, haftet nur dieser eine für die Mängelfreiheit und die zugesicherten Eigenschaften, es sei denn, im Vertrag stehe etwas anderes.

Nun kann man darüber streiten, was genau und im Detail "ein Haus" bedeutet, vor allem wenn der Baubeschrieb nicht eindeutig ist (Wieviele Steckdosen sind "Elektroinstallation nach neuestem Standard" nun genau?) oder man den Jargon nicht gewohnt ist (Es steht nicht " Anschlüsse zur Strasse nicht inbegriffen", sondern "Leitungen bis AK Gebäude inbegriffen").

Der Bauherr findet (zu Recht), ein nicht angeschlossenes Haus kann nicht "schlüsselfertig" sein, der Unternehmer hat ebenfalls Recht - steht ja im Baubeschrieb, dass er sich nur bis zur Aussenwand kümmert.

Wie überall in der freien Marktwirtschaft, bekommt man bestenfalls das, wofür man bezahlt hat.

Dann ist die Frage, was passiert, wenn der Termin nicht eingehalten wird. "Kein Problem" (vor der Unterschrift) - aber wenn nichts dazu explizit im Vertrag steht, passiert auch nichts.

Des weiteren, was bedeutet 'mängelfrei'?. Da nach Erhalt der Schlussrate jede weitere Beschäftigung mit dem Bauherrn, der ja nur einmal Kunde ist, nur Zeitverlust und damit Gewinnschmälerung bedeutet, versucht man die Garantie an die Subunternehmer abzutreten, mit denen Du keinen Vertrag hast, die Du nicht ausgesucht hast und die, da sie von Dir kein Geld und keine Aufträge kriegen, auch nicht daran interessiert sind, mehr als nötig zu machen.

Theoretisch hast Du während des Baus auf der Baustelle nichts verloren, da die Subs mit dir kein Vertragsverhältnis haben.

Interessant ist das im obigen Link diskutierte deutsche Gerichtsurteil hierzu:

" [...] sind Vertragsklauseln unwirksam, die wesentliche Rechte und Pflichten des Käufers als Vertragspartner des Bauträgers so einschränken, dass die Erreichung des Vertragszecks gefährdet wird"; die gleiche Argumentation dürfte bei uns auch funktionieren.

Für mich wäre die abgetretene Garantie so, als ginge ich eine Pizza essen, und über die Beschwerde wegen offensichtlich verdorbenen Pilzen drauf gibt mir der Kellner die Adresse des Pilzlieferanten und sagt mir, ich solle mich dort beschweren.

 
Für mich wäre die abgetretene Garantie so, als ginge ich eine Pizza essen, und über die Beschwerde wegen offensichtlich verdorbenen Pilzen drauf gibt mir der Kellner die Adresse des Pilzlieferanten und sagt mir, ich solle mich dort beschweren.
Hallo Emil,

das ist ein vortrefflicher Vergleich. /emoticons/default_biggrin.png/emoticons/default_additional/114.gif

 
Hallo emil17

Danke für die interessanten Infos. Ausgedruckt und eingerahmt /emoticons/default_biggrin.png

Werkvertrag gem. OR war mir insoweit klar. Das mit den Handwerkern, welche über den GU mit dem Geld des Bauherrn bezahlt werden, der BH jedoch quasi nix zu melden hat, finde ich ... sagen wir mal eher speziell.

Noch mehr ist mir der Baubeschrieb ein Dorn im Auge. Mit Laienaugen ist es ja unmöglich, jede "Stolperfalle" zu erkennen. Das ist mir zu intransparent und verschafft dem anderen Geschäftspartner eine klassische Bevorteilung. Dein Beispiel (Leitungen bis AK Gebäude) hätte mir so spontan nämlich auch nix gesagt.

Fazit meinerseits; sobald es ums Bauen geht, unbedingt Geld (ca. 10'000 ?)für nen unabhängigen Bauberater ausgeben, damit dieser bereits von Anfang an, das fehlende Wissen des Bauherren kompensieren kann. Zusätzlich noch spezielle Bauversicherungen, Treuhänderkonto etc. damit das Geld vom GU auch wirklich den Handwerkern bezahlt wird... (was man hier so alles liest, unglaublich).

Je mehr man (also ich) sich in die Materie hineinliest, desto mehr könnte man versucht sein, direkt ein bestehendes Haus zu kaufen, welches einigermassen den Vorstellungen entspricht. Somit ist der ganze Baustress kein Thema mehr.

Das mit den Pilzen wäre übrigens grundsätzlich machbar --> Produktehaftpflichtgesetz.

Nochmals danke für Deine klaren Ausführungen!

Beste Grüsse

Buddy

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Danke für die Blumen!

wir haben auch ein altes Haus gekauft, hatte aber andere Gründe, u.a. weil mir die typischen Neubauquartiere nicht so zusagen. Ich hatte aber das Vergnügen, stellvertretend für meine Schwiegereltern den Bauherrn zu vertreten.

An sich ist die Idee des Generalunternehmers nicht schlecht, er kann durch Optimierung der Planungsabläufe und grössere Bauvolumina halt bessere Preise herausholen und diese z.T. an die Kunden weitergeben. Es ist dies ja in anderen Bereichen üblich (ich kaufe ein Auto auch nur bei einem Vertragspartner, es sind aber Hunderte Firmen dahinter, auf die ich keinen Einfluss habe). Und viele Leute mögen sich eben nicht mit der Bauerei herumplagen - für diese wäre aber der Kauf einer passenden Gebraucht-Immobilie fast immer besser, als selbst zu bauen. Man sieht, was man bekommt, und hat mit Kosten- und Terminüberschreitungen viel weniger Ärger.

Das Schwarze-Peter-Spiel fängt dort an, wo der GU die Vorteile des Alles-aus-einer-Hand-Systems ausnutzt, aber die Nachteile einfach an den Kunden weitergibt. Bedingt er die Haftung weg, heisst das, dass er eben nicht dafür einsteht, dass er gute Arbeit liefert oder liefern lässt.

Wenn ich mit einem GU gebaut hätte und es taucht ein Problem eines Untergewerks auf, dann hätte ich nichts dagegen, wenn man mich mit denen kurzschliesst - hat ja keinen Zweck, dass ich der Sekretärin des GU sage, was dieser dem Elektriker sagen soll. Es ist ja auch in meinem Interesse, wenn die Sache so rasch und unkompliziert wie möglich geregelt werden kann. Aber juristisch hat der GU dafür einzustehen, wenn gebastelt oder gemurkst wurde.

Für mich ist Bauen mit lokalen Unternehmern, die einen Ruf zu verlieren haben, und einem guten Architekten (es gibt sie, aber wie findet man einen?) die bessere Lösung. Es gibt natürlich auch schwierige Bauherren, die erst nicht wissen, was sie wollen, dann überall die Preise drücken und hinterher noch überall Mängel anmelden, weil die gelieferte Qualität der Bezahlung entspricht. Also saubere Arbeit verlangen, aber auch anständig dafür bezahlen, die anderen auch leben lassen - und die eigenen Hausaufgaben auch machen.

 

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