Die Letzten beissen die Hunde.....

Angela

Mitglied
05. Feb. 2009
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Hallo zusammen

Unser Hausbau war mit sehr vielen Problemen behaftet: Planung und Ausführung nicht durch die gleiche Firma und dementsprechen wurde der "schwarze Peter" immer wieder hin und her geschoben - und wir in der "Sandwich-Position". Die ausführende Firma sprach von Planungsfehler und der Planer von Ausführungsfehler.

Jedenfalls sind wir nun in der Endphase d.h. bei der Schlussabrechnung.

Die Abrechnung des Baumeister ist rund 20% über dem KV. Also machten wir uns daran, den Werkvertrag unter die Lupe zu nehmen, soweit das für uns Laien möglich ist. Fazit: der grösste Teil der Überschreitung waren Regiearbeiten. Die Bauführung hat sehr wohl darauf aufmerksam gemacht, dass Regiearbeiten geleistet werden müssen. Fakt ist aber: die Rapporte sind mehrheitlich vom Juli/August und im September haben wir per Mail nachgefragt, ob mit Mehrkosten zu rechnen sind. Die Bauführung hat uns schriftlich per Mail geantwortet, dass wir wohl den ganzen KV-Betrag brauchen, also keine Reserven mehr vorhanden seien. Heute heisst es seitens der Bauführung, sie hätten beim Baumeister nachgefragt, aber sehr lange keine Antwort erhalten. Müssen wir das einfach so hinnehmen? Kann mir jemand sagen, wie das mit der Regiearbeit ist. Was ich weiss, die Rapporte sind innert 3 Tagen der Bauführung zur Unterschrift vorzulegen und genehmigen zu lassen (das muss wohl passiert sein, wir haben die Originale nicht). Darf die Bauleitung wirklich OHNE GENEHMIGUNG der Bauherrschaft solche Rapporte unterschreiben und diese sind dann rechtsgültig? Ich wäre wirklich sehr froh, wenn mir da jemand eine kompetente Auskunft geben könnte. Vielen herzliche Dank und liebe Grüsse von Angela.

 
Mit wem habt Ihr einen Vertrag? Ist da ein Kostendach bzw. ein Festpreis vereinbart?

Gemäss OR darf der Kostenvoranschlag, wenn er denn als Endpreis im Vertrag steht, bei Werkverträgen nicht überschritten werden. Es sei denn, diese seien bedingt durch Umstände, die die Bauleitung nicht voraussehen konnte und auch nicht zu verantworten hat (z.B. wenn beim Aushub gesprengt werden muss). Üblicherweise sind in den Vorbehalten der Verträge praktisch alle auftetenden Umstände, die dies rechtfertigen könnten, umschrieben bzw. der Architekt sollte bei der Vergabe darauf geachtet haben. Hat er?

Die Bauleitung hat sich vertraglich verpflichtet, die vereinbarte Leistung zum vereinbarten Preis zu erbringen. Wenn die Bauleitung von den Firmen, die sie beauftragt, Eure Baustelle auszuführen (weil sie, aus welchen Gründen auch immer, selber nicht ausführen will oder kann), andere Preise akzeptiert oder mehr bezahlen muss als sie Euch verrechnen darf, oder Mehraufwand bewilligt, der von Euch im Vertrag mit der Firma des Bauleiters nicht enthalten ist oder von euch nicht nachträglich bewilligt wurde, dann ist das das Problem der Bauleitung. Verkalkuliert ...

Wenn allerdings noch SIA 118 Vertragsbestandteil ist oder in den AGBs etwas anderes vereinbart ist, wirds komplizierter, dann muss da wohl ein Fachanwalt für Baurecht dahinter.

Was sagt denn der Architekt dazu? Er hat die Interessen der Bauherrschaft zu vertreten, wenn er von Euch bezahlt wird, und die Kostenüberprüfung ist ein wesentlicher Bestandteil seines Honorars.

Mit der Visierung der Rapporte der Sub-Unternehmer bestätigt der Bauführer, dass die Leistung vom Sub erbracht wurde. Er sollte aber wissen, ob die visierte Leistung auch zu erbringen ist. Als Handlungsbevollmächtigter der Bauherrschaft gilt aber nur der Architekt, der wiederum Euch gegenüber haftet, dass er keine Aufträge vergibt, die Ihr nicht bestellt habt.

 
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Hallo Angela,

wenn ich dies richtig interpretiere, sind die beiden Parteien der Architekt (Planung und Auschreibung/Devis) und der Bauleiter (Bauleitung) welche sich nun gegenseitig den Schwarzen Peter zuschieben?

Bevor ich hier weiter ausholen würde, prüfe einfach den "Bauleitervertrag", welcher ja wohl separat abgeschlossen wurde, ob hierin diese Position, zur eigenmächtigen Vergabe von Regiearbeiten, enthalten war?

Wenn ja, war diese begrenzt? Auf eine Fixsumme oder je Gewerk?

Wenn sie enthalten ist, ohne jegliche Begrenzung, dann hast Du wohl leider Pech und dem Kollegen einen Freibrief ausgestellt.

Ist sie nicht enthalten, gehen die Kosten auf seine Kappe! Er hätte dann Änderungen vorher preislich abklären, Euch zur Zustimmung vorlegen und anschließend als Vertragsergänzung den Handwerkern zustellen müssen. In Ausnahmesituationen geht dies im Einzelfall auch telefonisch vorab, aber auch dann muss binnen weniger Tage die schriftliche Variante folgen.

Also prüfe den Vertrag! Zumindest im Hinblick auf die evtl. nicht rechtmäßig erteilten Zusatzaufträge.

Wenn es darum geht, weshalb der Baumeister (oder auch andere) überhaupt Regiearbeiten ausführen musste, obwohl er ja eine Ausschreibung/Devis vom Architekten bekommen hat, ist dann das nächste Thema.

 
Hallo Angela

Ganz sicher steht irgendwo in Deinem Werkvertrag etwas von der SIA-NORM 118. Darin enthalten ist die sog. Vollmachtsregelung nach Art. 33 Abs. 2. Mit Unterschrift hast Du eben diese Vollmachtsregelung anerkannt. Es gibt Bundesgerichtsentscheide wo 7-stellige Baukostenüberschreitungen mit der Vollmachtsregelung begründet wurden... Leider ist für viele Bauherren und "Besteller" das eine Falle. In der Regel sollte das im Werk- oder Architektenvertrag immer auf eine Summe vereinbart und abgeändert werden, zum Beispiel Fr. 3'000. In kritischen Situation einer Bauphase kündige ich für meine Mandanten diese Klausel sofort, denn es geht um den Schutz der schwachen und unerfahrenen Vertragspartei (Bundesgerichtsentscheide). Und wie Pfälzer schreibt: Prüfe die Verträge...!

Gruss

Bauexperte

 
... wobei daran besonders stossend ist, dass sich auch das Honorar des "Schuldigen" bzw. unabsichtlich Bevollmächtigten durch die Kostenüberschreitungen mit erhöht ...

 
Hallo zusammen

Vielen herzlichen Dank für die Antworten.

Also wir haben einen SIA-Vertrag mit dem Planer und einen SIA-Vertrag Nr. 1002 mit dem "Ausführer =Bauleiter". Beide sind nicht Mitglied beim SIA. Die Verträge basieren auf der Ordnung 102 für Leistungen und Honorare. Im Werkvertrag des Baumeisters ist SIA 118 "Allgemeine Bedingungen für Bauarbeiten" vermerkt, sowie Art. 8 Norm SIA 118 = Leistungsverzeichnis - da weiss ich nicht, was in diesem Artikel steht. Der Werkvertrag ist eine Vereinbarung zwischen Bauherr, Unternehmer und Bauleiter. Ebenfalls findet sich ein Abschnitt "Regiearbeiten", diese dürfen nur im Einverständnis und im Auftrag der Bauleitung ausgeführt werden. Sind diese von der Bauleitung annerkannt und visiert, entsprechen sie einer schriftlichen Bestellung. Wie es sich zwischen Bauherr und Bauleitung verhält, darüber steht nicht's im Werkvertrag. Was noch in diesem Werkvertrag vermerkt wurde: Arbeiten, für welche im Vertrag entsprechende Positionen fehlen (das war bei uns der Fall durch die Projektübergabe) werden nur vergütet, wenn diese durch die Bauleitung bestellt und die entsprechenden Preis vorgängig schriftlich vereinbart wurden. die Bauleitung hat uns aber die Preise vor Beginn der Arbeiten nicht mitgeteilt. Kann ich evtl. mit dieser Vereinbarung im Werkvertrag noch argumentieren? Vielen Dank und liebe Grüsse Angela

 
Hallo Angela

Steht im Architektenvertrag bis zu welchem Betrag der Architekt oder der Bauleiter Arbeiten vergeben kann ohne Dein Einverständnis. In den Vertragsvorlagen der SIA ist ein solcher Punkt vorgesehen.

Sind im Baumeistervertrag eine grössere Anzahl von Regiestunden vorgesehen?

Was für Arbeiten (im generellen) wurden in Regie ausgeführt?

Beste Grüsse

 
Ich gehe davon aus, dass es eine Bauherrschaft gibt, die einen Unternehmer (von Euch als Bauleitung bezeichnet) damit beauftragt, ein in irgendwelchen Plänen und (hoffentlich vorhandenen und detaillierten) Bauausführungsbeschreibungen beschriebenes Gebäude zu erstellen oder von Dritten erstellen zu lassen.

Ich lese Deine Zitate im für die Bauherrschaft ungünstigen Sinne:

>Ebenfalls findet sich ein Abschnitt "Regiearbeiten", diese dürfen nur im Einverständnis und im Auftrag der Bauleitung ausgeführt werden. Sind diese von der Bauleitung annerkannt und visiert, entsprechen sie einer schriftlichen Bestellung. [...] Arbeiten, für welche im Vertrag entsprechende Positionen fehlen [....] werden nur vergütet, wenn diese durch die Bauleitung bestellt und die entsprechenden Preise vorgängig schriftlich vereinbart wurden.

d.h. die Bauleitung darf alles, Regiearbeiten ohne Rückfrage mit der Bauherrrschaft in beliebiger Höhe vergeben, oder auch ganz neue Positionen ausführen lassen, falls der Preis mit der Bauleitung vorher vereinbart wurde - wenns dann nicht passt, kann man ja noch Regiearbeiten hinterherschieben ...

Also eine Art Generalvollmacht. "Baut irgendwas irgendwie, und sagt mir dann, was es kostet"

Das liest sich eher wie der Rahmenvertrag zwischen Bauleitung und ausführenden (Sub-)Unternehmern. Gibt es einen Werkvertrag, der das Verhältnis zwischen Bauherr und Bauleitung regelt, und was steht da drin? Wie wird sichergestellt, dass die Bauleitung das macht, was die Bauherrschaft will?

Man kann nur immer wieder darauf hinweisen, dass es sich lohnt, Bauwerkverträge von einem vom Bauherrn bestellten Fachjuristen durchsehen zu lassen, die paar hundert Franken ersparen viel Ärger.

Wahrscheinlich sind auch noch die Garantieleistungen abgetreten, d.h. Du darfst dich selbst bemühen, Mängel an Dingen beheben zu lassen, die Du so gar nicht bestellt hast ...

Stell Dich erst mal stur, wenn strittige Positionen verrechnet werden: "Hab ich nicht bestellt, warum soll ich das bezahlen, reisst es halt wieder raus", und schau, was passiert. Bei Regiearbeiten muss die Bauleitung nachweisen, dass diese erforderlich und bei der Ausschreibung nicht vorhersehbar waren, und begründen, warum der Bauherr nicht vorher begrüsst wurde.

Siehe hier

 
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