Ersatzvornahme, offene Rechnung / OR Art. 82

Marchi

Mitglied
07. Juli 2006
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Gemäss OR berechtigt der Zahlungsverzug des Bestellers/Käufers den Unternehmer zur Leistungsverweigerung im Sinne von OR Ar. 82.

Heisst also, wenn die Schlussrechnung nicht bezahlt wird, dann hat der Besteller/Käufer kein Recht auf Ersatzvornahme geltend zu machen.

Gilt das auch wenn "Garantieleistungen im Rahmen der SIA-Normen" vereinbart wurden?

 
Das ist ein heikles Thema. Mit dem kannst du dir möglicherweise ein Handwerkerpfandrecht einhandeln. Lasse dich sauber beraten.

 
Ich habe dort einen Rückbehalt gemacht wo die Ausführung bemängelt wurde und abschätzbar war wie hoch die Beseitigung des Mangels zu stehen kommt. Unbedingt darauf achten, dass der Betrag auch stimmig ist und mit der Sache zu tun hat.

Je nach Unternehmen brauchts ein dickes Fell da schnell mit Betreibung und/oder Handwerkerpfand gedroht wird.

Gruss,

Thomas

 
Lieber Marchi

Die Ersatzvornahme kommt äusserst selten vor - in der Regel musst/willst Du vor der Ersatzvornahme ja das Geld vom Unternehmer auf der Seite haben... das heisst, Du benötigst sowieso ein Gerichtsurteil. Lass Dich also juristisch beraten.

Gemäss OR berechtigt der Zahlungsverzug des Bestellers/Käufers den Unternehmer zur Leistungsverweigerung im Sinne von OR Ar. 82.
Wenn es mir recht ist, gilt wird dies bei einem SIA-Vertrag wegbedungen. (Habe den Artikel nicht gelesen!)

Heisst also, wenn die Schlussrechnung nicht bezahlt wird, dann hat der Besteller/Käufer kein Recht auf Ersatzvornahme geltend zu machen.
Nicht so grundsätzlich. Letztendlich sind immer beide Vertragsparteien an den Vertrag gebunden. Insbesondere beim SIA-Vertrag, wenn es mir recht ist. (Wegen siehe oben).

Weder kannst Du einfach auf die Begleichung der Schlussrechnung verzichten. (A)

Noch kann der Unterneherm einfach auf seine Leistung verzichten.

Zu (A). Mit Zahlungsplan: Wenn die Bedingungen gemäss Zahlungsplan erfüllt sind, musst Du bezahlen.

Ohne Zahlungsplan: Die Schlussrechnung kann - logischerweise - erst gestellt werden, wenn das Werk (ich gehe von einem Werkvertrag aus!) erstellt und abgenommen wurde. So nach dem was Du schreibst, wäre das Werk nicht fertiggestellt, und damit wäre auch die Schlussrechung hinfällig.

Oder anders: So wenig wie Du schreibst ist derart viel unklar, dass eine fundierte Antwort schwierig ist. Ich verstehe, dass Du hier so Zeug nich tausbreiten willst. Darum: Wende Dich an einen Anwalt.

Haba

 
Wie schaut es mit der Fälligkeit der Schlussabrechnung (enthält nur Mehrkosten, Kaufpreis wurde bezahlt) unter folgenden Bedingungen aus:

 
- Schlussabrechnung wird vom Käufer nicht unterschrieben, da es strittige Positionen drauf hat
 
 
- Gilt ein Werk als abgenommen, wenn noch diverse Mängel gemäss Mängelliste nicht behoben worden sind?
 
- Wenn das Werk nicht abgenommen wird, kann dann die Zahlung der Schlussrechnung eingefordert werden?
 
 
 
 
Weiter stellt sich noch die Frage:
 
"Gemäss OR berechtigt der Zahlungsverzug des Bestellers/Käufers den Unternehmer zur Leistungsverweigerung im Sinne von OR Ar. 82."
 
Gilt dies gemäss SIA auch?
 
Lieber Marchi

Ich lauf jetzt nicht extra zum Ordner, sondern schaue nur in meiner uralt-pdf-version nach.

Art 154

Der UN reicht die reicht die Schlussabrechnung spätestens zwei Monate nach der Abnahme  der Bauleitung ein ...

Die Frage dazu ist nicht, ob das Bauwerk als abgenommen gilt, sondern ob Du bzw. Deine Bauleitung es abgenommen hast. Siehe auch:

Art. 164 - 1

Unterbleibt nach Anzeige der Vollendung (Art. 158 Abs. 1) die gemeinsame Prüfung innert Monatsfrist deswegen, weil entweder keine der Parteien die Prüfung verlangt oder von seiten des Bauherrn die Mitwirkung unterlassen wird, so gilt das Werk (oder der Werkteil) mit Ablauf dieser Frist dennoch als abgenommen.

Art 155 - 1

Die durch die Schlussabrechnung ermittelte Forderung des Unternehmers wird mit dem Prüfungsbescheid (Art. 154 Abs. 2) der Bauleitung fällig und ist innert 30 Tagen zu bezahlen (Art. 190); fällig werden auch solche Beträge, die nach dem Prüfungsbescheid noch bestritten sind, sofern sie sich nachträglich als geschuldet erweisen sollten. Vorbehalten bleibt aber die Bestimmung
des Art. 152 für denjenigen Teil der Forderung, der den Rückbehalt des Bauherrn ausmacht.

Art. 190

Der Bauherr leistet fällige Zahlungen innerhalb von dreissig Tagen, sofern nicht in der Vertragsurkunde eine andere Zahlungsfrist vereinbart ist (Art. 21 Abs. 3). Nach Ablauf dieser Frist verliert er für die betreffende Zahlung einen allfällig vereinbarten Anspruch auf Skontoabzug. Ausserdem kann ihn der Unternehmer durch Mahnung in Verzug setzen (Art. 102 Abs. 1 OR). Von diesem Zeitpunkt an schuldet er Verzugszins.

Der Unternehmer kann dem Bauherrn, der im Verzug ist, eine angemessene Nachfrist ansetzen (Art. 107 Abs. 1 OR). Läuft diese ab, ohne dass der Bauherr Zahlung geleistet hat, so kann der Unternehmer, wenn er dies unverzüglich erklärt, den Vertrag auflösen. In diesem Falle hat er das Werk nicht zu vollenden; er hat Anspruch auf Vergütung der erbrachten Leistung gemäss Werkvertrag, samt Verzugszins; bei Verschulden des Bauherrn hat der Unternehmer ausserdem Anspruch auf Ersatz des wegen der vorzeitigen Beendigung entgehenden Gewinnes.

---

WAs Du bis zur Behebung der  Mängel nicht bezahlen musst, ist der Garantierückbehalt. Üblicherweise 10% der Summe.

Der rückbehaltene Betrag wird zur Zahlung fällig, wenn die drei folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:
— Abnahme des Werkes (Art. 157 ff.)
— Übergabe der Schlussabrechnung (Art. 154 Abs. 1) und Ablauf der Prüfungsfrist nach Art. 154 Abs. 2 bzw. Art. 155 Abs. 2
— Leistung der Sicherheit gemäss Art. 181.

Nochmals: Ohne konkrete Inhalte und Verträge ist das, was wir hier im Forum von uns geben Kaffesatzlesen. Wende Dich an eine Fachperson, welche Verträge verstehen und Paragrafen interpretieren kann.

Haba

 

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