Kostenübernahme Notar nach Verhandlungsabbruch

wic

New member
18. Jan. 2016
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Hallo zusammen,

ich bin bis jetzt hier zwar eher ein lesendes Mitglied :), hätte jetzt aber auch mal eine Frage in die Runde. Mir ist schon klar dass es keine rechtlich bindende Antwort geben wird, aber vielleicht hat ja jemand schon ähnliche Erfahrungen gemacht.

Kurz zur Vorgeschichte: Wir hatten im Laufe des vergangenen Jahre ein Grundstück gefunden und uns mit dem Besitzer in Kontakt gesetzt. Nach den ersten Gesprächen waren wir überzeugt und wir haben uns darauf geeinigt das Land zu kaufen. Er hat entsprechend dazu mit einem Notar Kontakt aufgenommen und den Vertragsentwurf erstellen lassen.

Das Grundstück an sich hatte eine eher speziellee Form, es verläuft ober- und unterhalb eine Strasse womit die Grundform einem langgezogenen Dreieck ähnelt. Laut Verkäufer war der Baulinienabstand vom Grundstück aber an der oberen Grenze auf 2m reduziert da er der Gemeinde am unteren Rand des Grundstückes Land abgetreten hatte damit diese Zufahrtsstrasse ausgebaut werden konnte. Die 2m wurden ihm quasi als Gegenleistung versprochen was auch in einem Gemeindeprotokoll ersichtlich war.

Mit dieser Aussage hatten wir mit einem Architekten angefangen ein Projekt für das Grundstück zu erstellen, in den ersten Diskussionen kam von Ihm aber die verwunderte Frage über die vom Verkäufer gemachte Aussage bezüglich der Baulinie des Grunstückes. Seiner Meinung nach handelte es sich bei der Strasse nämlich um eine Kantonsstrasse wo er es noch nie erlebt hätte dass man dort 2m an die Strasse bauen dürfte. Daraufhin haben wir erst mit der Gemeinde und dann mit dem Kanton Kontakt aufgenommen und nach längeren Abklärungen die Aussage erhalten dass dort normalerweise 6m (womit das Grundstück nicht bebaubar wäre) gelten, eventuell aber eine Vorbaulinie von 4m bewilligt werden würde (Ortsbild). Das Projekt das wir mit dem Architekten geplant hatten hätte aber auch bei dieser Baulinie nicht mehr wirklich umgesetzt werden können.

Mit diesen neuen Informationen haben wir dann dem Verkäufer mitgeteilt dass wir vom Kauf aufgrund dieser neuen Information absehen werden.

Jetzt nach dem Jahreswechsel haben wir vom Kanton Solothurn eine Rechnung über die bezogenen Leistungen vom Notar erhalten, die nach Rücksprache mit dem Verkäufer voll zu unseren Lasten gehen soll. Im ersten Gespräch hatten wir uns zwar bereit erklärt die Notarkosten zu übernehmen (Grundstück war im Gegenzug dafür sehr günstig), dies aber natürlich unter dem Glauben den Vertrag unter den genannten Bedingungen abzuschliessen.

tl;dr (too long, didn't read)

Langer Rede (sorry ;-) ) kurze Frage: Ist es wirklich so dass wir unter diesen Bedingungen die vollen Notarkosten tragen müssen? Wir haben uns mit dem Verkäufer in Verbindung gesetzt und eine 50:50 Kostenaufteilung vorgeschlagen, er besteht aber auf der im Vorvertrag gemachten Klausel dass wir Notarkosten übernehmen. Seiner Meinung nach auch wenn wir jetzt doch nicht kaufen wollen.

Was meint ihr zu der Situation, hat jemand schonmal so eine Erfahrung mit einem Notarvertrag gemacht der dann doch nicht zustande ist? Wir können der Rechnung wohl beim Kanton widersprechen, ich kann aber nicht einschätzen auf welcher Grundlage anschliessend dann entschieden wird wer schlussendlich bezahlen muss.

Besten Dank für ein paar Gedanken zu dem Thema.

Grüsse

Christian

 
Ein Vertrag ist eine beidseitige Willenserklärung, die Leistung zu den vereinbarten Bedingungen zu beziehen. Das ist ja nicht gegeben und - Recht hin oder her - wenn mir da der Verkäufer schon falsche Informationen gegeben hat würde ich ihm "etwas husten".

Hab' letzte Woche auch ein Haus angeschaut. In einer Viertelstunde wurde man durchgeschleust, dann soll man verschwinden weil die nächsten Interessenten da sind. Der Makler wusste gar nix über das Haus, konnte keine Fragen beantworten. Und so versifft wie das drin war, wird er die Bude auch nicht so schnell los.

 
Grundlagenirrtum. Die Baulinie von 2m war wohl ein objektiv und subjektiv wesentlicher Punkt, wenn ohne diese Bedingung das Grundstück nicht vernünftig bebautr werden kann.

Daher: Auf Irrtum berufen, vom Vertrag zurücktreten. Mit Vertrag ist hier die Vereinbarung gemeint, die Notariatskosten zu übernehmen.

brico

 
Lieber Wic

Deine kleine Frage hat natürlich eine grosse Wirkung und ist trotz ihrer Kleinheit auch sehr komplex.

1. Wusste der Eigentümer von den genauen Einschränkungen oder hätte er es wissen müssen? Dann hätte er mutwillig etwas verschwiegen und der Vertrag wäre somit nichtig.

2. Was für ein Protokoll der Gemeinde war dies? Eidgenössisches Recht bricht kantonales Recht. Kantonales bricht kommunales Recht. Das weiss eigentlich jeder. Wie kommt also die Gemeinde auf die Idee sich in kantonales Hoheitsgebiet (Staatsstrasse = Kantonsstrasse) einzumischen und damit eine Kompetenzüberschreitung zu begehen?

3. Wieso hat der Architekt die Rahmenbedingungen nicht zuerst sauber abgeklärt, bevor er mit einer Projektierung begonnen hat? Wer trägt denn die Kosten für die Projektierung, welche nur für den runden Ordner taugen? Diese dürften ja wesentlich höher als die Notariatskosten sein.

4. Ist das Grundstück mit allen Einschränkungen überhaupt noch sinnvoll bebaubar? Das ist zwar nicht Dein Problem, aber wäre trotzdem spannend zu klären, da sich daraus die nächsten vier Fragen ableiten liessen.....

An Deiner Stelle würde ich einmal auf Punkt 1 pochen und dem Eigentümer Punkt 4 als Hausaufgabe mitgeben, welcher er unter Punkt 2 mit der Gemeinde zu klären hat, dass Punkt 3 sich beim nächsten Kaufinteressenten nicht wiederholt.....

Viel Erfolg, Urs Tischhauser

 
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Reaktionen: isitom
Guten Morgen,

das mit dem "Irrtum" oder den erst im nachhinein erkannten Problemen mit dem Grundstück sind ja auch genau mein Argument. Wir sind ja nicht von der Idee das Grundstück zu kaufen abgerückt weil uns was anderes/besseres in den Sinn gekommen ist, sondern weil mit der neuen Ausgangslage das Bebabuen nur unter (zu) grossen Einschränkungen möglich gewesen wäre. Es blieb im Prinzip ein Rechteck von knapp 8x10m (bei einer Grundstücksfläche von ~700qm) übrig auf dem gebaut hätte werden können und das auch noch im Westteil vom Grundstück.

Ich habe gestern noch einmal erneut mit der Amtsschreiberei telefoniert und versucht rauszufinden wer ohne der Aussage vom Verkäufer ("Rechnung können sie gerne der Käuferpartei schicken") normalerweise die Kosten verrechnet bekommt. Im Antragsformular für den Vorvertrag steht wohl eindeutig geschrieben dass im Fall des Nichtzustandekommens des Vertrages der Antragssteller die Kosten trägt, sprich in unserem Fall die Verkäuferpartei. Alle anderen Abmachungen kann der Kanton nicht berücksichtigen, das müsste "Privatrechtlich" gelöst werden. Uns wurde die Rechnung also nicht aufgrund der Klausel im Notarsvertrag (die wäre bei Unterschrift des Vertrages gültig) gemacht sondern rein auf der Basis der Aussage vom Verkäufer.

Wir haben also mal vom Beschwerderecht gebrauch gemacht und lassen die Rechnung jetzt entsprechend der Verkäuferpartei zukommen. Schauen wir dann mal was danach rauskommt, ich werde gerne berichten :)

Danke aber auf jeden Fall mal für eure Gedanken zum Thema.

Lieber Wic

Deine kleine Frage hat natürlich eine grosse Wirkung und ist trotz ihrer Kleinheit auch sehr komplex.

1. Wusste der Eigentümer von den genauen Einschränkungen oder hätte er es wissen müssen? Dann hätte er mutwillig etwas verschwiegen und der Vertrag wäre somit nichtig.

2. Was für ein Protokoll der Gemeinde war dies? Eidgenössisches Recht bricht kantonales Recht. Kantonales bricht kommunales Recht. Das weiss eigentlich jeder. Wie kommt also die Gemeinde auf die Idee sich in kantonales Hoheitsgebiet (Staatsstrasse = Kantonsstrasse) einzumischen und damit eine Kompetenzüberschreitung zu begehen?

3. Wieso hat der Architekt die Rahmenbedingungen nicht zuerst sauber abgeklärt, bevor er mit einer Projektierung begonnen hat? Wer trägt denn die Kosten für die Projektierung, welche nur für den runden Ordner taugen? Diese dürften ja wesentlich höher als die Notariatskosten sein.

4. Ist das Grundstück mit allen Einschränkungen überhaupt noch sinnvoll bebaubar? Das ist zwar nicht Dein Problem, aber wäre trotzdem spannend zu klären, da sich daraus die nächsten vier Fragen ableiten liessen.....

An Deiner Stelle würde ich einmal auf Punkt 1 pochen und dem Eigentümer Punkt 4 als Hausaufgabe mitgeben, welcher er unter Punkt 2 mit der Gemeinde zu klären hat, dass Punkt 3 sich beim nächsten Kaufinteressenten nicht wiederholt.....

Viel Erfolg, Urs Tischhauser


Ob die Verkäuferpartei von den Einschränkungen von Beginn an wusste kann ich nicht beurteilen, will ich aber auch gar nicht unterstellen. Aber auch im Gutglauben finde ich es  schwach dass aufgrund der neuen Faktenlage (die auch ausschliesslich von uns erörtert wurde) man sich nicht gütlich (Vorschlag 50:50 Kostenteilung) einigen kann. Es geht hier ja nichteinmal um einen grossen Betrag der jemanden in den Ruin treibt (knapp 350,-), der Gegenpartei geht es wohl immer noch einfach um das Prinzip dass wir die Kosten tragen sollen weil wir ja vom Kauf abgesehen haben. Dass sich die Voraussetzungen geändert haben (ob verschwiegen oder nicht) wird gar nicht in Betracht gezogen.

Das Protokoll ist aus einer Gemeindesitzung wo der Landabtritt im Süden mit einer reduzierten Baulinie im Norden "aufgegolten" wurde. Dass diese Aussage von der Gemeinde wirkungslos ist weil die Baulinie von der Kantonsstrasse definiert wird ist wohl niemanden aufgefallen.

Wir hatten die Aussage der Gemeinde nicht sofort in Frage gestellt da es nicht offensichtlich ist dass es sich um eine Kantonsstrasse handelt, Nachfragen zu den "definitiven Baulinien" bei der Gemeinde konnten dann aber erst vom Kanton beantwortet werden was dann ganz schnell klar gemacht hat dass die Aussage vom Verkäufer eben nicht haltbar war.

Ob das Grundstück überhaupt noch bebaubar ist konnten wir nicht abschliessend klären. Wenn die Standardbaulinien gelten eigentlich nicht (Erste Aussage vom Strassenbauamt war sogar: "Das Grundstück dürfte eigentlich gar nicht in der Bauzone liegen" :) ), mit der reduzierten Vorbaulinie die wohl am "ortsüblichen Bild" orientiert werden kann bleibt wie oben beschrieben ein kleines Rechteck auf dem gebaut werden könnte. Die Genehmigung solch einer Vorbaulinie kann aber wohl erst gemacht werden wenn ein konkretes Bauprojekt zur Bewilligung eingereicht wird.

Warum der Architekt diese Rahmenbedingungen nicht erst abgeprüft hat kann ich auch nicht sagen, es gibt wohl solche und solche Mitglieder dieser Zunft ;-) Die Kosten für das Vorprojekt haben am Ende wir getragen, da wir davon ausgegangen sind das grundsätztliche Projekt auf einem anderen Bauland  verwirklichen zu können, also nicht die ganze Arbeit umsonst war. Nur haben wir in der Zwischenzeit einen bestehenden Altbau gekauft den wir jetzt sanieren werden. Jetzt aber noch "falsche Investition" jemand anderem aufzudrücken erscheint uns falsch, wir haben das unter "Lehrgeld" verbucht :)

Daher schreibe ich die Situation hier auch nochmal so ausführlich, so können die Fragen/Informationen hoffentlich in der Zukunft jemand anderem helfen. Es sollte ja einem eigentlich klar sein dass man bei solch einer Investition alle Rahmenbedingungen genaustens kennen sollte. Man hat ja aber leider doch schnell mal die rosarote Brille auf bzw. vertraut auf Aussagen die man präsentiert bekommt. Ich bin froh dass wir das noch alles vor der Unterzeichnung klären konnten, sonst hätten wir jetzt eine schöne grosse Rasenfläche mit wunderschöner Bergsicht ;-)

 
"Im Antragsformular für den Vorvertrag steht wohl eindeutig geschrieben dass im Fall des Nichtzustandekommens des Vertrages der Antragssteller die Kosten trägt, sprich in unserem Fall die Verkäuferpartei".

Wie kommt die Amtsschreiberei überhaupt dazu, eine solche Rechnung jemand anderem zu schicken? Wer die Musik bestellt, der zahlt sie auch, und das kann doch nur der Eigentümer. also der Verkäufer, sein.

Falls kein Vertrag zustandegekommen ist, muss man sich nicht einmal auf Irrtum berufen, denn beim wesentlichen Irrtum geht es darum, dass man einen Vertrag geschlossen hat, den man nun aus einem wesentlichen Grund nicht halten will.

Wenn jemand Bauland als Bauland und zum Preis von Bauland verkaufen will, dann ist die Bebaubarkeit und damit sind auch die damit zusammenhängenden Dinge wie Baulinien oder Grenzabstände wesentliche Eigenschaften zum Kaufentscheid.

Der soll einfach seine Hausaufgaben machen, nämlich rechtsverbindlich festestellen, ob und wie gebaut werden kann. Bei komplizierten Verhältnissen muss er halt als Eigentümer von der Gemeinde verlangen, dass sie ihm rechtsverbindlich sagt, ob und wie dort gebaut werden kann.

Dann kann ein Käufer sich überlegen, ob er zum geforderten Preis kaufen will oder nicht.

 
Ein kleines Update: Unserem Einspruch wurde statt gegeben, die Rechnung vom Kanton entsprechend storniert und an den Verkäufer weiter geleitet. Die Begründung ist wie oben vermutet: Die Kosten wurden uns verrechnet da nach Rücksprache mit der Verkäuferpartei diese gesagt hat man könne das uns verrechnen. Es ist aber wirklich so dass die Partei die den Notar in Auftrag gibt bei abgebrochenen Verhandlungen die Kosten tragen muss.

 
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Die Kosten wurden uns verrechnet da nach Rücksprache mit der Verkäuferpartei diese gesagt hat man könne das uns verrechnen. Es ist aber wirklich so dass die Partei die den Notar in Auftrag gibt bei abgebrochenen Verhandlungen die Kosten tragen muss.
Danke für die Rückmeldung!

 

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