Mehrkosten durch ungenaue Kanalisationslage

tipu

New member
20. Apr. 2016
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Hallo zusammen,

wir haben ein Problem mit Mehrkosten durch Sondierungen und möchten fragen, ob ev. jemand ähnliches erlebt hat?

Es fing damit an, dass die Schlussrechnung unseres Tiefbauers die Offerte um einen hohen Betrag überschritt und wir um Klärung gebeten haben. Ein hoher Posten ergab sich durch mehrfache Sondierungen, da niemand mehr genau wusste, wo der Kanalanschluss ans Grundstück gezogen wurde.

Wir haben ein erschlossenes Grundstück gekauft, das ist ein wichtiger Punkt.

Die vom Landverkäufer beauftragte Firma hat nach eigenen Angaben eine Markierung gesetzt nach verlegen des Anschlusses ans Grundstück und als der Ingenieur kam, um anhand dieser Markierung die Lage aufzunehmen, war diese weg. Das war alles, bevor wir das Grundstück gekauft haben. Der Landverkäufer wurde hierüber nie informiert.

Als bei uns der Aushub gestartet werden sollte, kam der Ingenieur mit einem Herren der Gemeindeverwaltung und sie haben uns dann gesagt, wo der Anschluss nach Meinung der ausführenden Firma sein müsse. Dort sollte gegraben werden auf 4m. Leider war dort kein Anschluss. Dann hiess es okay, der Anschluss sei dann um die Ecke und dort dann sicher. Wieder nichts.

Wir haben versucht mit der ausführenden Firma zu sprechen und als nichts rumkam, hat mein Mann den Landverkäufer angerufen. Der fiel aus allen Wolken und hat sich massiv bei dem Herren der Gemeinde beschwert und plötzlich war es von einem auf den anderen Tag möglich, eine Kanalkamera einzusetzen. Die Stelle des Anschluss wurde dann auf der Strasse markiert und es wurde erneut gegraben und dann endlich der Anschluss gefunden, das alles hat lt. unserem Tiefbauer über 11.000 CHF extra gekostet.

Nun haben wir versucht, Geld zurückerstattet zu erhalten von den beteiligten Firmen und erst nach Vermittlung der Gemeinde gab es ein Gespräch mit unserem Tiefbauern, dem Ingenieur, der Firma, welche den Anschluss gelegt hat, dem Landverkäufer und uns.

Keiner wollte an der Situation schuldig sein und erst als der Landverkäufer sagte, dass er einen Teil der Kosten übernehme und jeder seinen Teil beitragen solle, bewegte sich etwas. Unser Tiefbauer sollte auf Wunsch des Ingenieurs die Sondierungen auf Eigenkosten herunterrechnen. Dieser sagte, er habe nur die gewünschte Arbeit geleistet und müsse mit seinem Chef sprechen. Dann wollte man über die Teilung der Kosten reden.

Wir haben dann noch 2 oder 3mal darum gebeten, dass sie uns nun bitte mitteilen, wie der finanzielle Vorschlag aussieht. Ende März war das Gespräch. Wir haben vorletzte Woche die letzte Frist gesetzt, bevor wir uns an die Schlichtungsbehörde wenden und erhalten heute eine Antwort. Darin schreibt das Ingenieursbüro, dass unser Tiefbauer keine Rechnung auf Selbstkosten runterrechnen will, die ausführende Firma des Kanalanschlusses gar nichts übernehmen wird, der Landverkäufer will sich mit 1500 CHF beteiligen und der Ingenieur wird uns noch eine Rg. stellen (Schlussabnahme Entwässerung, Nachführung Leitungskataster Abwasser) in Höhe von ca. 1200 CHF, dies erlassen sie uns und somit hätte sich das alles erledigt. Und ausserdem ist dies kein Eingestehen einer Schuld.

Wir sind mehr als sprachlos und können dies nicht auf sich beruhen lassen. Zudem wurde beim Gespräch unserem Tiefbauer unterstellt, er habe zuviel verrechnet, das steht auch noch im Raum. Was, wenn dies tatsächlich so ist? Wir können das nicht prüfen.

War bereits jemand bei der Schlichtungsbehörde und kann uns mitteilen, wie das Vorgehen ist und mit welchen Kosten wir da noch rechnen dürfen? Sehe ich es richtig, dass erst nach einem erfolglosen Schlichtungsgesuch ein Anwalt eingeschaltet wird unsererseits?

Sorry für den langen Text und vielen Dank für Infos.

LG Tipu

 
Aus Sicht der Unternehmer haftet natürlich der Bauherr für den Baugrund (Art. 365 OR)

"[SIZE=9pt]Zeigen sich bei der Ausführung des Werkes Mängel an dem vom Besteller gelieferten Stoffe oder an dem angewiesenen Baugrunde, oder ergeben sich sonst Verhältnisse, die eine gehörige oder rechtzeitige Ausführung des Werkes gefährden, so hat der Unternehmer dem Besteller ohne Verzug davon Anzeige zu machen, widrigenfalls die nachteiligen Folgen ihm selbst zur Last fallen."[/SIZE]

Eure Unterlassung besteht wohl in folgendem:
"Als der Ingenieur kam war die Markierung (für den Anschluss) weg. ... Als dann der Aushub gestartet werden sollte, wurde (nicht von Euch!) gesagt wo der Anschluss nach Meinung der ausführenden Firma sein sollte." Dort war er aber nicht.


Ihr habt also graben lassen, ohne zu wissen, wo der Anschluss war, und die Firma hat auf eigene Vermutung hin einfach mal gegraben, was dann nicht funktioniert hat.

Ihr könnt jetzt per Anwalt versuchen, dies dem Unternehmen anzuhängen, das den Ingenieur beschäftigt - wenn der einfach irgendwo graben lässt, ist das sein Problem. Zudem hätte er, der Tiefbauer, und er, der Ingenieur, Euch als fachkundige Person vor Beginn der Arbeiten darauf hinweisen sollen, dass die Lage der Erschliessung unbekannt ist.

Andererseits wäre das, nämlich die Erschliessung (dazu gehört auch, dass man weiss wo sie ist), etwas gewesen, was bauherrenseitig bereitzustellen ist. Oder hatte der Ingenieur den Auftrag von Euch, die Baugrube einzumessen und anzuzeichnen? Wenn er, der Ingenieur, den Tiefbauer anweist, einen Leitungsgraben zu baggern, dann haftet doch eigentlich auch der Ingenieur dafür, dass das am richtigen Ort geschieht.

Ich würde auch mal den Vertrag mit dem Tiefbauer genau lesen, vermutlich steht da (oder in den AGB) etwas über unvorhergesehene Zusatzarbeiten. Nach meinem Verständnis (das hier leider unwesentlich ist) sollte ein Tiefbauer vor dem Graben aber schon genau wissen, wo das Loch werden soll.

Hingegen wird ein Unternehmer ja nicht einfach zu Selbstkosten oder gratis arbeiten, bloss weil der Auftrag oder die Pläne falsch waren, denn dafür kann er nichts.

Mal die Antwort der Schlichtungsstelle abwarten. Bei einem Rechtsstreit würde es wohl sowieso auf einen Vergleich hinauslaufen. Der Anwalt funktioniert gleich wie in Eurem Fall der Tiefbauunternehmer: Er nimmt auch dann Honorar, wenn nichts dabei herauskommt.

 
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Hallo Emil,

ja, wir werden nun vor die Schlichtungsbehörde ziehen müssen.

Da wir das Grundstück erschlossen gekauft haben und die Markierung bereits vor dem Kauf durch uns nicht da war, liegt es nicht in unserer Verantwortung. Weder der Unternehmer, der den Anschluss ans Grundstück gezogen hat noch der Ingenieur, der diesen dann nicht aufnehmen konnte, haben den Landverkäufer hierüber in Kenntnis gesetzt. Der Unternehmer wusste zudem überhaupt nicht, wo der Anschluss war und man hat dann einfach alles auf uns geschoben. Natürlich ist unser Tiefbauer ausgenommen, er hat ja nur dort gegraben, wo der Ingenieur es ihm gesagt hat und wir werden unsere Forderung an den Ingenieur stellen und an die Firma, welche die Anschlüsse gezogen hat.

Nun hat uns zudem unser Nachbar gesagt, dass es bei Ihnen ebenso war und sie eine Sondierung ohne Ergebnis hatten. Da der Vater der Landverkäufer ist und sie gut mit deren Tiefbauer bekannt sind, hat dieser auf eine Rechnungstellung dieser Sondierung verzichtet, sie haben ihm allerdings einst gesagt, dass er dies denen in Rechnung stellen solle.

Vielen Dank aber für die Meinung, wir werden es jetzt weiter angehen.

 
Es ist natürlich so, dass du gegenüber den Unternehmen, die du bauen lässt, den Baugrund zur Verfügung stellst und also ihnen gegenüber für den Mehraufwand haftest.

Der Ing. hätte meiner Meinung nach sagen sollen, man müsse noch den genauen Ort des Anschlusses suchen und diesen Aufwand könntest du evtl. beim Landverkäufer zurückholen (wobei sich die Frage stellt, warum es keine Pläne mit genauer Einmessung des Anschlusses gibt oder warum diese Pläne nicht eingesehen wurden).

Markierungen können auch wandern, z.B. mäht da noch ein Bauer ein paar Jahre lang, bis gebaut wird, dann sieht der da einmal einen Pfahl irgendwo herumliegen und steckt ihn irgendwo am Feldrand wieder rein.

Bei uns machen sie am Ende der Anschlussleitung ein Plastikrohr rein, das aus dem Boden schaut. Ist das in Reichweite des Schlegelmähers am Ende des Hydraulikarms des Böschungspflegefahrzeugs, dann lebt das nicht lange.

Ich wünsch Dir, dass das Verfahren so ausgeht, dass alle Beteiligten mit dem Entscheid leben können. Fehler passieren jedem, im Umgang damit zeigt sich der wahre Charakter.

Und ich wünsche Dir, dass das bereits der grösste Ärger am Bau war.

 
Hallo Tipu

Das ist wirklich ärgerlich und bedauernswert, dass ihr euch nicht aussergerichtlich über die Kosten einigen konntet. Das Schlichtungsverfahren kostet bei uns (Kt. Aargau) ca. CHF 300 bis 350. Der Friedensrichter wirkt an der Verhandlung auf eine Einigung hin und berücksichtigt die rechtlichen Grundlagen, soweit er dazu im Stande ist. Ein "guter" Friedensrichter macht einen konkreten Lösungsvorschlag. Ein "schlechter" Friedensrichter bemüht sich weniger um eine gütliche Einigung. Kommt keine Einigung zustande, stellt der Friedensrichter die Klagebewilligung aus. D.h. ihr dürft Klage beim erstinstanzlichen Gericht einreichen. Es ist ganz wesentlich, wen ihr einklagt und wie ihr die Forderungssumme beziffert. Da im Zivilprozess die Beweislast beim Kläger liegt und die Gerichte hohe Anforderungen an die Substantiierung der Forderung stellen, kann man als Laie kaum je erfolgreich einen Zivilprozess führen (gerade im baurechtlichen Angelegenheit). Das Schlichtungsverfahren kann man meines Erachtens jedoch sehr wohl selbst bewerkstelligen, wenn - wie gesagt - die richtige Partei eingeklagt wird und die Forderungssumme korrekt beziffert wird. Ich wünsche Euch viel Erfolg und keinen weiteren Ärger!

 
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