Tessiner Rustico renovieren

Puravida

Mitglied
04. Aug. 2008
3
0
0
Aaaalso, ich nehm jetzt mal all meinen Mut zusammen und schreibe hiermit meinen ersten Beitrag.

Schon seit Jahren träume ich davon mir ein Rustico oder ein altes Tessinerhaus zu kaufen und dieses zu renovieren. Später stelle ich mir vor es entweder während den Ferien selbst zu bewohnen oder evtl. als Ferienwohnung zu vermieten. Immer wieder mal stöbere ich im Internet nach einem Objekt meiner Begierde. Heute zum Beispiel habe ich ein Tessinerhaus mit 9 Zimmern entdeckt, stark renovationsbedürftig, für CHF80 000, Wohnfläche 285m2 (darf ich hier einen Link mit der Anzeige reinstellen?).

Vielleicht wird mein Traum immer ein Traum bleiben, aber wer nichts wagt der nichts gewinnt, oder?

Nun meine Fragen:

Wer hat schon mal ein Tessiner Rustico oder Tessinerhaus welches stark baufällig war renoviert? Welches waren eure grössten Probleme, Erfolgserlebnisse?

Macht es überhaupt Sinn ein so verlottertes Haus zu renovieren? Ich weiss, unter Umständen ist es günstiger ein neues Haus zu bauen. Andererseits haben diese alten Häuser eine Geschichte und irgendwie eine "Persönlichkeit" und sind doch auch schützenswert, finde ich. Im Tessin gibt es zum Teil ganze ausgestorbene Dörfer. Man fühlt sich wirklich wie in einem Geisterdorf. Aber es gibt glaube ich immer mehr Mutige die ihr Herzblut in die Renovation stecken.

Was habt ihr aus euren Rusticos gemacht, was ist daraus geworden?

Vielleicht gibt es jemanden der mir ein paar Erfahrungsberichte schreiben kann?

Gespannte Grüsse

Antje

 
Hallo puravida

Freunde von uns haben sich an so ein Objekt gewagt.

Das Haus besteht aus 3 Räumen im EG ein Wohnraum und im OG ein Schlafzimmer im Anbau ist das WC.

Mit einem örtlichen Bauunternehmer wurde das Haus komplett neu aufgebaut. Das teuerste waren die Materialtransporte mit dem Helikopter auf die Alp. Da es nur als Ferienhaus genutzt wird, wurde keine Wärmedämmung eingebaut. Bei kalten Aussentemperaturen muss zuerst die Raumluft und das Mauerwerk mit dem vorhandenen Cheminée aufgeheizt werden. Die Aussicht und die Lage sind sensationell. Mit der Kabinenseilbahn wird der reine Marschweg auf 20 Minuten verkürzt. Damit das Dach dichter und von längerer Lebensdauer ist, wurde es mit grauen Beton"ziegeln" eingedeckt.

Andy

 
Wahrscheinlich macht es keinen grossen Unterschied, ob nun ein altes Haus im Tessin oder anderswo renoviert wird. Die "Gefahren" dabei sind sicherlich weitgehend dieselben. Man muss halt auf Ueberraschungen gefasst sein, weil man nie weiss, was sich alles in und unter diesen alten Gemäuern versteckt.

Im Speziellen zum Tessin nur folgende Anregungen (die Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit):

  • Das Tessin ist kein zweisprachiger Kanton, das vergessen leider viele. Die Amtssprache ist grundsätzlich italienisch, was bedeutet, dass sämtliche Korrispondenz in dieser Sprache zu erfolgen hat. Ausnahmen gibt es nicht.
  • Vor etwa 2 Jahren wurden die Vorschriften betreffend Renovationen alter Rustici (...nicht Rusticos /emoticons/default_wink.png) entscheidend geändert. Seit da sind die Möglichkeiten zur Modernisierung stark eingeschränkt worden. Die Aussenfassade darf beispielsweise - im Gegensatz zu früher - nicht mehr verändert werden, also keine grösseren Fenster und so.
  • Es lohnt sich in jedem Fall, die (noch) vorhandene Bausubstanz möglichst von einem ortsansässigen Architekten bzw. Bauexperten genau prüfen zu lassen, sonst kann ein solcher Traum schnell zum Fass ohne Boden werden.
  • Wie bereits von Wellingtonia erwähnt, müssen auch die Transportmöglichkeiten vorher genau geprüft werden. Mal abgesehen vom Baumaterial während der Renovationsphase, muss man sich genau darüber im Klaren sein, ob man wirklich auf Dauer jedesmal 20 Minuten Fussweg vom Auto bis zum Ferienhaus auf sich nehmen will.
Mirella /emoticons/default_smile.png
 
Vielen Dank für eure Antworten!

Ooops, Rustici... /emoticons/default_smile.png

Ich habe auch schon gehört, dass man bei diesen zum Teil denkmalgeschützten Bauten sehr viele Auflagen hat. Bevor ich etwas kaufen würde, würde ich auf jeden Fall einen zweisprachigen Architekten beiziehen.

Dass ich italienisch lernen müsste wäre für mich selbstverständlich.

Eins meiner Auswahlkriterien ist eben auch, dass sich das Objekt nicht abgelegen auf einer Alp befindet, sondern in einem kleinen Dorf, oder zumindest erreichbar mit dem Auto.

Edit: Mir ist noch was in den Sinn gekommen. Bei amazon habe ich ein Handbuch entdeckt, welches viele hilfreiche Tipps zur Renovation von Rustici in Italien beeinhaltet. Auch wichtige Dinge wie der Umgang mit den Behörden, Versicherungen, etc. Kennt jemand etwas entsprechendes für die Schweiz, bzw. Tessin?

Liebe Grüsse

Antje

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hallo Puravida,

komme eben gerade aus dem Rustici meiner Hobby-Schwiegereltern - waren übers 1. August Weekend dort. Es ist einfach jedesmal ein Traum dort in der Nähe der Maggia inmitten des Weinberges zu sein. ES IST SCHLICHT UND EINFACH EINE ANDERE WELT:p!

Nun zu deiner Frage...habe während der Aufbauphase einiges mitbekommen oder in den langen Tessin-Nächten viele Geschichten gehört.

Meine Hobby-Schwiegereltern haben das Fundament und den Grund-Neu-Aufbau von einem ansässigen Maurer (wenns mir recht ist spezialisiert auf Rustici Renovationen) machen lassen - vieles drumherum haben sie dann selber in einigen Sommern-Ferien selber gezimmert und mit viel Liebe erarbeitet.

Wie mir meine Schwiegermutter erzählt hat, gibt es jedoch jetzt - wie von Mireilla erwähnt - einiges mehr an Auflagen (die die mir bekannt sind, sind bereits erwähnt).

Uebrigens gibt es nahe dem Ort Maggia einige Rustici die zum Verkauf ausgeschrieben sind. Traumhaft Stücke! Man muss einfach mal eine Wanderung machen und schon läuft man am einen oder anderen guten Stück vorbei, welches mit Tel. Nummer beschriftet zum Verkauf bereit steht.

Liebe Grüsse und viel Erfolg beim Verwirklichen deines Traums,

Wermiselli

 
Hallo Wermiselli

Ich kann mir das gut vorstellen, mitten in den Weinbergen, träum...

Dann hat sich ja die viele Arbeit deiner Schwiegereltern bestimmt gelohnt. Noch bin ich handwerklich nicht so versiert, aber ich hätte ja auch tatkräftige Unterstützung und man kann immer was dazulernen.

Gerade das Maggia-Tal gefällt mir sehr gut. Vor allem hält der Sommer dort viel länger an und man hat viel mehr Sonnentage. Wozu in den Süden auswandern, wenn es doch das schöne Tessin gibt ;o)?

In etwa einer Woche bin ich wieder im Tessin und werde mich mal auf Rustici-Erkundungstour begeben. Das mach sowieso am meisten Spass.

Liebe Grüsse

Antje

 
Mirella und Wellingtona haben ja schon einiges erwähnt. Von Freunden bekam ich noch folgende Erfahrungen mit:

  • Vorhandensein => Kosten für Anschlüsse (Wasser, Strom, Gas etc.) sind nicht zu unterschätzen
  • Zufahrt/ Zugang zu allen Jahreszeiten => bei einigen Rustici muß auf eigene Kosten die Zufahrt erstellt werden (gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung an den Strassenbaukosten)
  • Kaufvertrag (Klausel) von (Umbau-)genehmigung abhängig machen - unsere Bekannten erhielten letztendlich die lokal zugesicherte Baugenehmigung nicht und graben stattdessen jetzt ein weiteres Stockwerk ins Erdreich /emoticons/default_rolleyes.gif
  • Bei Selbstbau Entfernung zu Baumärkten etc. nicht unterschätzen
 
War vor geraumer Zeit auch im Verzasca Tal und dort gab es auch einige diese wunderschönen Häuser. Im Internet sind sie relativ billig zu finden, aber für wie lange??

In Kroatien hat man diese Häuser vorallem in Istrien und dort konnte man die Abbruchobjekte samt Land vor ca. 10 Jahren für einen lächerlichen Preis haben. Heute bezahlt man dafür eine Unmenge an Geld! Viele renovieren die Häuser aus den gleichen Steinen oder aber bauen selber welche nach dem gleichen Prinzip. Dann verkaufen sie sie für ein vielfaches.

Darum denke ich, dass so was auch bei uns mal ein Thema sein könnte.

Hier habt ihr einige Beispiele dieser Häuser in Istrien:

Nekretnine Kamene ku?e Istarska

oder noch besser hier: VillasForum - Exclusively Croatia, villas with pool, yacht, car hire...

 
Ich kenne mehrere Leute die so ein Rustico renoviert haben (bzw. daran sind, es zu tun).

Man entscheidet sich für jahrelange Aktivferien auf der Baustelle, jedenfalls ist das bei meinen Bekannten so herausgekommen.

Neben dem bereits erwähnten Sprachproblem (man muss die Sprache ziemlich gut können, um mit einheimischen Handwerkern zu verhandeln!) ist dort auch eine im Vergleich zur Deutschschweiz ziemlich andere Mentalität.

Nicht zu unterschätzen sind all die Nebenkosten. Wenn man 500 Meter Wasser- und Abwasserleitung braucht, kostet das im meist felsigen Gelände bald einmal viel.

Zur Bauerei mit dem Heli gibt es nicht nur den finanziellen Aspekt. Man stört die Idylle der anderen, und wird nachher konsequenterweise durch diejenigen gestört, die noch nicht so weit sind. Es gibt da unten Gegenden, wo bei Flugwetter nur am Sonntag Ruhe ist.

Eine Möglichkeit, dem allem auszukommen, ist, ein bereits renoviertes Rustico zu kaufen. Die erste Generation der Leute, die so etwas gemacht haben, vermag diese Häuser nicht mehr zu halten, und manche davon haben keine Kinder.

 

Statistik des Forums

Themen
27.484
Beiträge
257.644
Mitglieder
31.769
Neuestes Mitglied
Josven