Teuerung der GU wegen Ukraine-Krieg - Nach Bauvertragsunterschrift

hpinvent

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02. Feb. 2021
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Hallo zusammen

Wir haben mit einer GU unser Haus unterschrieben und etwa 1 Monat später flatterte schon einen Brief bezüglich Teuerung ins Haus!

Wir haben einen Globalpreis ausgemacht und haben extra noch schnell unterschreiben wollen, weil die GU so oder so jährlich die Preise erhöht. Der Architekt hat damals und vorgeschlagen, dass wir schnellstmöglich unterschreiben sollen, damit wir sicher nicht von der jährlichen Teuerung profitieren müssen. Jetzt steht aber in diesem Brief, dass Baumaterialien wegen dem Krieg teuer werden kann bzw. auch wohl wird.

Sie beziehen sich im Brief auf den Obligationenrecht-Artikel Art. 373 Abs. 2 OR. Ich habe einige Rechtskanzleien angefragt. Ein "ausserordentlicher Umstand" ist immer bisschen schwer zu interpretieren. 

Für mich ist klar, dass das Bauunternehmen die Teuerung selber übernehmen müsste. Schliesslich gibt es ja vom BFS auch jährlichen Indexen und sieht ja, dass die auch immer teuer werden. Also hätte man ja diese Situation schon länger und vor allem vor der Unterschrift berücksichtigen sollen.

Was meint ihr dazu? Hat jemand von euch auch solche Erfahrungen bzw. ist in dieser Situation?

Wie geht ihr damit um? Hat jemand Tipps und Tricks?

Gruss,

hpinvent

 
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Wir hatten einen ähnlichen Fall (in kleinerer Dimension) bei der Arbeitsplatte in der Küche, die bereits angezahlt und zu einem Grossteil bereits aufgebaut war (Bestellung im November).

Hier verlangte Franke für die Edelstahlarbeitsplatte noch vor Auslieferung eine Differenzzahlung aufgrund der gestiegenen Stahlkosten von ca. 10%.

In den AGB des Küchenbauers steht, dass die Preise zum Zeitpunkt der Vertragsunterschrift bindend sind. Darauf hätten wir uns jetzt berufen und einen Rechtsstreit anzetteln können, hätten dann solange aber ohne Küche und mit weiteren Kosten für Anwalt etc. da gestanden. Alternativ hätten wir ggf. vom Vertrag zurücktreten können.

Bei uns ging es um vergleichsweise wenig Geld, sodass wir die bittere Pille geschluckt haben. Bei einem Hausbau sieht das aber anders aus. Hier sind die Summen schnell sehr viel grösser, zumal die Preise weiter stark steigen werden. In wenigen Monaten erhaltet ihr den nächsten Brief, allerdings wird es dann keine Rolle spielen mit welchem GU ihr baut. Alle sind irgendwo vom Krieg betroffen und erhöhen die Preise.

Bietet der GU Lösungen an, um die Mehrkosten abzufangen? Niedrigerer Standard hier, weniger Fläche da etc.?

Ich würde das Gespräch mit dem GU suchen oder ggf. vom Vertrag zurücktreten (sofern möglich). Ob das noch geht und ob das überhaupt ein Vorteil ist, weiss wohl niemand. Der nächste GU sagt auch "Fixpreis" und schreibt euch zwei Monate später einen Brief...

 
Das sehe ich etwas anders: Wenn ihr genügend Zeit und finanzielle Mittel resp. eine Rechtsschutzversicherung habt, würde ich auf die schriftliche Vereinbarung bestehen, d.h. keine Preiserhöhung akzeptieren. Der GU würde ja auch nicht akzeptieren, wenn ein Kunde nach ein paar Monaten wegen sinkender Teuerung nicht mehr bereit wäre, den vereinbarten Pauschalpreis zu bezahlen...

 
Das würde ich auch nicht akzeptieren. Denn einerseits müssen das schon sehr aussergewöhnliche Gründe sein, die es dem Vertragspartner quasi verunmöglichen, seine Leistung zu erbringen. Dass er nur weniger Gewinn einfährt, dürfte für eine nachträgliche Preiserhöhung nicht reichen. Das ist sein unternehmerisches Risiko.

Wenn wir uns den besagten Artikel genauer anschauen, wird auch klar, dass der GU für eine nachträgliche Preiserhöhung selber klagen müsste. Die kann er nicht einfach selber durchsetzen. Das kann nur ein Richter.

Art. 373 OR

2 Falls jedoch ausserordentliche Umstände, die nicht vorausgesehen werden konnten oder die nach den von beiden Beteiligten angenommenen Voraussetzungen ausgeschlossen waren, die Fertigstellung hindern oder übermässig erschweren, so kann der Richter nach seinem Ermessen eine Erhöhung des Preises oder die Auflösung des Vertrages bewilligen.

Ich würde diesen GU also mal ganz in Ruhe fragen, ob er allen ernstes klagen und die Gerichtskosten vorstrecken will? Und ob er denn vor Gericht jeden Posten, der angeblich nun teurer geworden sei, beweisbar vorrechnen kann?

 
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Hallo zusammen

Erstmals vielen Dank für eure Antworten. Ich möchte hier eigentlich diese Forderung auch nicht akzeptiere! Bis jetzt sind wir noch in der Anfangsphase, aber die ersten Rechnungen flattern schon rein. Bisher konnte ich noch keine Teuerung sehen (sind auch kleine Beträge).

Was mich noch ziemlich nervt ist, dass in diesem Schreiben noch von "Seit Jahresbeginn liegt eine ausserordentliche Teuerung vor". Verstärkt mit dem Krieg... 

Unter dem folgenden Link sieht man ja die jährliche Teuerung https://www.bfs.admin.ch/asset/de/su-d-05.04-kbob-01.

Also hätte ja die GU eigentlich seit Jahren gewusst, dass man die Preise immer und immer bisschen erhöhen muss. Ich habe auch die Preislisten immer wieder verfolgt und muss sagen, die sind auch jährlich einige 10kCHF höher geworden. 

Dann kann die GU hier eigentlich gar nicht auf den Art. 373 Abs. 2 OR beziehen, oder? Es ist also eigentlich der Fehler der GU.

Oder wie seht ihr das? 

Wäre noch interessant zu wissen, ob jemand in diesem Forum gerade in dieser Situation ist.

Schon mal vielen Dank für weitere Antworten.

Gruss,

hpinvent

 
Vielleicht kann man mit dem GU auch einen Mittelweg finden?

Natürlich wird das ganze Material teurer. Unabhängig vom Krieg in der Ukraine, die Mondpreise sind ja schon seit etwa 2 Jahren ein Thema.

Viele Handwerker (nicht alle) und Dienstleister überziehen ihre Abwälzung der Mehrkosten auf den Kunden aber. Beispiele?

Waser Mulden: 5% höhere Kosten auf alle Transportleistungen. Als wäre der Diesel der Hauptpunkt und nicht Lohnkosten etc..

Das Rotkreuztaxi für Behinderte im Fricktal hat seine Preise mit der selben Begründung um 10%! erhöht. Dass das absurd ist, ist offensichtlich. Aber als Kunde kann man nicht wirklich viel dagegen machen. Und das nutzen viele aus.

 
Hallo @hpinvent

Ich glaube wir bauen mit dem selben GU wie du. Wir haben nämlich den gleichen Brief erhalten 🙈.
 

Der GU kann sich nicht einfach auf Art. 373 Abs. 2 berufen. Dieser Artikel räumt dem Unternehmer nämlich kein Gestaltungsrecht ein, sondern nur ein Gestaltungsklagerecht. Das heisst, dass ein Richter erst beurteilen müsste ob überhaupt (und in welchem Umfang) eine Preiserhöhung auf dieser Basis rechtens ist. 
 

Uns hat dieser Brief kurz nach der Vertragsunterzeichnung auch sehr überrascht (und auch das Vertrauen in den GU ein wenig erschüttert), aber glücklicherweise ist die Argumentation im Brief alles andere als stringent und der Rechtsweg wäre für den GU mit einem grossen Risiko verbunden. Deshalb würde ich mir im Moment keine allzu grossen Sorgen machen. Letzendenendes wird er selbst wissen, dass eine gütliche Einigung zwischen beiden Seiten für ihn der beste Weg ist, und dafür braucht es dein Entgegenkommen… 

LG

Grobi

 
Hallo @hpinvent

Ich glaube wir bauen mit dem selben GU wie du. Wir haben nämlich den gleichen Brief erhalten 🙈.
 

Der GU kann sich nicht einfach auf Art. 373 Abs. 2 berufen. Dieser Artikel räumt dem Unternehmer nämlich kein Gestaltungsrecht ein, sondern nur ein Gestaltungsklagerecht. Das heisst, dass ein Richter erst beurteilen müsste ob überhaupt (und in welchem Umfang) eine Preiserhöhung auf dieser Basis rechtens ist. 
 

Uns hat dieser Brief kurz nach der Vertragsunterzeichnung auch sehr überrascht (und auch das Vertrauen in den GU ein wenig erschüttert), aber glücklicherweise ist die Argumentation im Brief alles andere als stringent und der Rechtsweg wäre für den GU mit einem grossen Risiko verbunden. Deshalb würde ich mir im Moment keine allzu grossen Sorgen machen. Letzendenendes wird er selbst wissen, dass eine gütliche Einigung zwischen beiden Seiten für ihn der beste Weg ist, und dafür braucht es dein Entgegenkommen… 

LG

Grobi
Hallo Grobi

Vielen Dank für dein Feedback.

Dann macht ihr also so weiter mit dieser GU? Ich mache mir natürlich schon bisschen sorgen, aber habe eben auch das Gefühl, dass erst der Richter was sagen kann. Vorher natürlich nicht und die GU müsste also erst klagen, sprich, sie müssten die gerichtlichen Kosten etc... erst übernehmen, bevor alles vor Gericht geht.

Ich habe der GU schon mitgeteilt, dass ich gerne entgegenkommen werde, aber der GF dieser GU hat nichts dergleichen getan. Auf meine Mails auch nicht reagiert, schlussendlich habe ich es ausgedruckt und dem GF direkt in die Hand gedrückt! Auf die Forderung im Brief, dass ich gerne mit ihm zusammensitzen möchte und dies besprechen will, habe ich bis heute keine Antwort erhalten!

LG
hpinvent

 
Vor vier Tagen hat das BFS den Baupreisindex für das erste Quartal 2022 publiziert, an den der GU ja gerne seine Preise binden möchte. Da kommt vielleicht in Kürze wieder mal ein nettes Schreiben vom GU.

Auch wir hätten es geschätzt, wenn man von Seiten des GU ein persönliches Gespräch gesucht hätte, statt einfach nur den Brief zu schicken. Das wirkt einfach wenig dialogbereit. Aber wir sind ja bestimmt nicht die einzigen, die diesen Brief erhalten haben... 

Und ja, klar – wir machen weiter mit dem GU. So ein Brief ist ja noch lange kein Weltuntergang. Wenn das Projekt dann abgeschlossen ist und der GU einen guten Job gemacht hat, können wir gerne gemeinsam mit ihm über die Bücher gehen. 

 

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