Vorprojekt verrechnen ohne Gegenleistung

felsi911

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09. März 2017
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Anfangs 2016 haben wir die Möglichkeit eines Ausbaus unseres heutigen Einfamilienhauses geprüft. Wir haben damals einen Architekten gebeten, ein Vorprojekt auszuarbeiten. Wir haben ihm unsere Pläne übergeben und er hat sich damit befasst. Wir haben per E-Mail mitgeteilt, dass wir hierfür maximal CHF 3500 bezahlen werden. Ein offizieler Vertrag haben wir jedoch nicht abgeschlossen. Wir haben das Projekt dann auch etwas später gestoppt, da wir uns zwischenzeitlich für einen Neubau entschieden haben. Dies haben wir ihm auf dem schriftlichen Weg mitgeteilt. 

8 Monate später erhalten wir zu unserem Überraschen eine Rechnung in der Höhe von CHF 3500.— mit den Positionen und Angaben für Kostenbesprechung, Bauplatzbesichtigung und Kopien. Fakt ist aber, wir haben keine Gegenleistung erhalten. Weder eine Skizze, noch ein Entwurf oder Baubeschreibung etc. Wir haben kein Vorprojekt erhalten. Einzig eine telefonische Auskunft mit einer groben Angabe des Gesamtbetrages (Aushub, Bau, Nebenkosten). Ansonsten keine Grobskizzen vom Bauvorhaben, keine schriftliche Kostenaufstellung, kein Terminplan - rein gar nichts! Das einzige was uns in Papierformat vorliegt, ist die Rechnung!

Wir sind nun aber natürlich nicht bereit, diese Rechnung zu bezahlen, da wir keinerlei Gegenleitung erhalten haben. Unser Architekt beruft sich jedoch auf seine Arbeitszeit die er aufgebracht hat und auf die SIA Norm, dass ihm diese Kosten zustehen. Wir haben versucht eine Einigung mit ihm zu finden und quasi einen Unkostenbetrag von CHF 500.-- zu vereinbaren. Er blieb stur und bestand darauf, dass wir ihn mit dem Vorprojekt beauftrag haben und er auf diese vollen Kosten bestehe. Er habe Ordnerweise Unterlagen ... Nur eben, wir haben kein einziges Papier! Der Architekt drohte dann mit der Betreibung. Mein Anwalt hat mir geraten nichts weiter zu unternehmen. Trotzdem beschäftigt uns dieser "Fall" natürlich und wir sehen es nicht ein, warum wir 3500 Fr. bezahlen sollen, ohne dafür ein einziges Papier bzw. keinen Gegenwert hierfür erhalten zu haben. 

Sehen wir das falsch? Ist das wirklich so, dass sofort Kosten anfallen, wenn ein Architekt irgendwas macht, auch wenn er hierfür nichts liefert? 
 
Hallo felsi

Ich würde es nicht zu sehr an dem aufhängen, was du jetzt tatsächlich in den Händen hälst. Dazu mal folgendes Beispiel:
Das Kostendach beträgt 3'500. Nach Auftragserteilung hat er begonnen, sich Gedanken zu machen. Also vorerst nix auf Papier... Aber die Kosten belaufen sich auf bereitsxauf 3'000. Kurz vor dem Abbruch des Projektes wollte er noch die "ausführlichen" Gedanken auf einen Plan bringen und dafür die letzten 500 bis zum Kostendach aufwenden. Wenn er tatsächlich glaubhaft macht (Zeiterfassung, Notizen usw.) wäre der Betrag von 3'000 geschuldet.

Was vorliegend jedoch merkwürdig ist:
- keine Notizen, die vorliegen
- keine Stundenrapporte
- überhaupt keine Skizzen
- vor Beendigung des Auftrages bereits bis zum Kostendach aufgelaufene Kosten

Daher auch der gute Rat deines Anwalts. Falls die Betreibung tatsächlich kommt --> Rechtsvorschlag erheben.
Dann muss der Architekt vor Gericht beweisen, dass die Forderung tatsächlich besteht.

Eventuell könntest du vorab den von dir vorgeschlagenen Betrag von 500 überweisen. So könnte das Gericht vielleicht entscheiden, dass dieser Betrag für die nachgewiesenen Arbeiten ausreicht.

Ich hoffe auf ein gutes Ende für euch!

Grüsse
Tom

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Vielen Dank. Der Vorschlag mit den 500 CHF für finde ich sehr gut. Ich werde das wohl so machen. Die Auftragserteilung hat er ja begonnen, jedoch nie fertig gemacht und uns nie ein Vorprojekt oder grobe Skizzen daraus vorgelegt. Gegenstand der Abmachung war stets ein "Vorprojekt", welches unsere Bank damals gefordert hat, um die Hypo zu sprechen. 

 
Ich würde ohne Rücksprache mit deinem Anwalt nichts bezahlen. Nicht das du aus Versehen deinem Anwalt in den Rücken schiesst. Zu viele Köche verderben bekanntlich den Brei. 

Dein Anwalt wird sich ja etwas gedacht haben bei seinem Rat. Wenn dir dabei nicht wohl ist, sprich deine Bedenken offen an. 

Gruss 

Fipsli

 
auch wenn die Stimmung mittlerweile nicht mehr so gut ist mit dem Architekten...

Kannst Du da nicht vorbei gehen und Dir die Unterlagen und Arbeit zeigen lassen?

Vielleicht kannst Du dann den Betrag auch besser nachvollziehen.

Falls nicht, würde ich die Arbeitsrapporte und erstellten Unterlagen dokumetieren, damit Du etwas in der Hand hast.

Er sagt ja etwas von "Ordnerweise Unterlagen" - die müssen ja Hardwaremässig irgendwo sein.

So wie Du es schreibst, tönt es schon danach, dass da ein frecher Architekt, einfach möglichst einfach, möglichst viel Geld rausschlagen will. Andererseits habe ich keine Ahnung, was so die Stundenansätze für deren Arbeit ist.

Logisch ist Aufwand entstanden, der nun jemand bezahlen muss. Und da stehst Du als Auftraggeber schon auch in der Pflicht.

 
Eben, ich denke eine "Entschädigung" ist OK. Aber nicht der Preis für ein Projekt. 

Ich habe übrigens für den Neubau 5 Architekten offerieren lassen und positive Erfahrungen gemacht. Neben 4 Architekturbüros auch der Fertighausanbieter Kobelt. Dieser ging sogar sehr detailliert vor und hat von allen am meisten Vorabklärungen gemacht und ein überaus detailliertes, auf uns massgeschneidertes Haus-Konzept erstellt. Kobelt war in der engeren Wahl, wir haben uns aber dann für ein Architekturbüro aus dem Kanton Aargau entschieden. 

Fakt ist aber, dass alle 5 ein Vorprojekt/Vorstudie ohne Kosten erstellt haben. Dieses beinhaltete grobe Grundriss-Pläne 1:100 , ein einfacher Baubeschrieb sowie ein grober Zeitplan und die Kostenaufstellung. Alle haben ihr Dossier auf dem Postweg sowie digital eingereicht. Ich hab ein ganzer Ordner mit Vorprojekten. Zwei Architekten haben sogar Terrainaufnahmen vor Ort gemacht sowie sich bei der Baubehörde betreffend Ausnutzungsziffern/Reserven bei Hangbauten erkundigt. Alle haben mir zudem gesagt, dass ein Vorprojekt bei Ihnen nichts kosten würde. Das wäre erst bei weiteren Detaillierungen der Fall. 

Hätte ich das nur ein paar Monate früher gewusst ... Für den Neubau hab ich mich für einen der Vorschläge/Partner entschieden und den anderen abgesagt. Keiner hatte mit der Absage ein Problem, im Gegenteil, die haben sich sogar nochmals bedankt, dass wir sie berücksichtigt haben. Nur der EINE - und genau DER hat gar NIE etwas abgeliefert. Das bringt mich zur Weißglut ... Aus diesem Grund: mehr als eine Entschädigung werde ich auf keinen Fall bezahlen. Zum guten Glück hab ich mit diesem Architekten kein Bau realisiert ... wer weiss, was da vielleicht noch alles gekommen wäre. 

P.S.
Sofern jemand ein paar gute Adressen von Architekten braucht, ich habe 2-3, die ich sofort empfehlen kann.  

 
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Es ist meiner Meinung nach nicht üblich, dass 5 Architekten kostenlos ein Vorprojekt mit Kostenkoranschlag abliefern! Der Preis von 3500.- scheint mir angemessen. Jedoch hast du dann auch das Anrecht auf die Auslieferung der Unterlagen.


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Da muss ich mich der Meinung von hamster79 anschliessen. Gem. SIA entsprechen Vorprojekt und Grobkostenschätzung 9% Teilleistungen und sind demzufolge klar zu bezahlen. Ich weiss nicht wieso man der Meinung ist, dass ein Architekt zuerst einmal gratis arbeiten soll. Bei einem Rechtsanwalt käme man nie auf die Idee, dort bezahlt man normalerweise ab der ersten Minute.


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Dann hatte ich wohl in diesem Fall "Glück"  gehabt...

Spass bei Seite: Ich hatte auf dem besagten Grundstück eine Reservation für 2 Monate und habe Offertanfragen an 5 potentielle Partner geschickt, mit einem kurzen Briefing über unsere Wünsche und Budgetmöglichkeit, mit der Bitte um eine einfach Vorstudie, Skizzen der Idee, Kostenschätzung und grober Terminplan. Alle 5 haben mir innert 28 Tagen mit uns persönlich Kontakt aufgenommen und die Unterlagen eingereicht. Ich spreche hier nicht von fixfertigen Bauplänen sondern von groben Ideen die skizziert wurden, selbstverständlich mit dem entsprechenden Copyright auf den Grobideen. Drei Vorschläge/Skizzen waren  top umgesetzt, zwei dafür sehr rudimentär.

Mein Bau Budget all In war/ist 1,5 Mio - für mich sehr viel Geld. Da möchte ich einfach ein Gefühl für die Kosten erhalten sowie eine Abschätzung ob mein gegenüber sich in meine Vorhaben eindenken kann. 

 
Ganz klar, es wurden Arbeiten ausgeführt und die sollten nun vergütet werden.

Da ein Kostendach von 3500 abgemacht ist (Auch eine Absprache per Mail ist ein Vertrag genauso wie eine mündliche Abmachung) Ist es fraglich ob OHNE Ergebnisse tatsächlich die Höchstsumme fällig wäre.

Ich gehe aber davon aus, dass hier schon deutlich mehr als nur 500 CHF an kosten aufgelaufen sind. Das wären ja gerade mal 3 Stunden und die hast du fast schon bei einem Besichtigungstermin mit Anfahrt.

Ich würde vermutlich versuchen dass man sich auf 2000 einigt. Allerdings wenn du ohnehin schon einen Anwalt beauftragt hast solltest du am besten auf die Ratschläge deines Anwaltes hören.

GANZ WICHTIG: Wenn du den Architekt die Betreibung einreichen lässt um dann Rechtsvorschlag zu erheben hast du bereits einen Eintrag im Register - das kann dir hier und da Nachteile bringen. Daher ist es immer der bessere Weg sich ohne Betreibungsamt zu einigen.

 
So klar ist es ja nun auch wieder nicht, ob Arbeiten ausgeführt wurden oder nicht. Schliesslich hat felsi911 keinerlei Gegenleistung für die Rechnung erhalten. Keine Gegenleistung = keine Basis für eine Rechnung. Händigt der Architekt die "ordnerweise" Unterlagen aus, so sieht es natürlich anders aus, ansonsten würde ich im jetzigen Stadium nichts bezahlen. 

Der Rat, CHF 500 jetzt zu bezahlen, ist aus juristischer Sicht sicher nicht gut, denn er kommt einer Schuldanerkennung gleich und birgt das Risiko, dass Du Dich in eine schlechtere Ausgangslage bringst. 

 
Ich verfüge über eine Rechtsschutzversicherung, bin Mitglied im HEV und Abonnent beim Beobachter. Neben meinem Anwalt, den ich privat aus dem Rotary Club kenne, habe ich mich zusätzlich an allen drei Stellen beraten lassen. Ich erhielt von allen 3 Juristen quasi identische Antworten. Aufgrund dessen, das wir den Auftrag fürs Vorprojekt explizit erteilt haben, ist dieser grundsätzlich zu bezahlen. Das Vorprojekt wurde aber nicht fertig gestellt bzw. nie an uns abgegeben. Alle drei Rechtsberater rieten mir somit dazu, maximal 50-70% der Leistung „Vorprojekt“ zu bezahlen.

Was die Offerte für den Neubau angeht: Eine Offertanfrage ist wenn nicht anders erwähnt kostenlos. Für Privatpersonen kommt hier anscheinend das OR zum Zuge. Sofern Kosten für eine Offerte anfallen, muss der Architekt eine Privatperson explizit darauf hinweisen. Die SIA Norm gilt zudem nur dann, wenn ein Vertag mit Hinweis auf diese Norm unterzeichnet wurde. Die Aufwände für die Alternative Neubau inkl. Landbegehung können gemäss Rechtsauskunft (in meinem Fall), nicht so einfach geltend gemacht werden.

Mir wurde dazu geraten, einen Pauschalbetrag von CHF 1500 zu überweisen, zusammen mit einem kurzen Schreiben "... ohne eine Anerkennung einer Rechtspflicht ... Auf weitere Forderungen werden wir auf Anraten unserer Rechtauskunft nicht mehr reagieren". Sofern er dann trotzdem noch eine Betreibung über den restlichen Betrag einleiten will, werden wir umgehend Rechtsvorschlag erheben. Die Akte würde im schlimmsten Fall beim Friedensrichter landen und wird hätte mit diesem Vorgehen/Teilbezahlung gem. Rechtsauskunft die Vorteile klar auf unserer Seite.

Mein Fazit: nie mehr etwas freigeben dessen Gegenleistung ich nicht genau kenne, bzw. bei einer Offerte/Vorprojektausschreibung für ein Hausbau sogleich schriftlich festhalten, dass für das einreichen einer Offerte keine Kosten anfallen dürfen.  

 
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