Luft/Wasser oder Erdsonde - Rechne ich richtig?

Ben.

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06. Juli 2014
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Hallo zusammen,

Ich befasse mich mit einem Neubau und bin beim Thema Heizung angelangt.

Für mich muss die Entscheidung zwischen Luft/Wasser-Wärmepumpe und Erdsonden-Wärmepumpe fallen. Ich habe nun etwas gelesen und sehe die jeweiligen Vor- und Nachteile.

Nun habe ich folgende Überlegung angestellt und hätte gerne eine Einschätzung, ob das so korrekt ist oder nicht:

- Luft/Wasser-Wärmepumpe benötigt ggf. mehr Strom als eine Erdsondenpumpe

- LWWP ist bei sehr niedrigen Temperaturen (< 0 Grad) nicht mehr effizient

- Erdsonde braucht ggf. weniger Strom, dafür regelmässige Wartung (wenn >3l Flüssigkeit) und eine höhere Anfangsinvestition (Bohrloch)

Nun wohnen wir am Bodensee und haben eher selten sehr niedrige Temperaturen. Weit unter -10 haben wir nur selten, zudem planen wir einen Holzofen für das Wohnzimmer (nicht integriert zur Warmwassernutzung).

Ist die LWWP dann die sinnvollere Alternative oder ist meine Annahme zu einfach?

 
Hallo Ben

Es ist wie Du schreibst, dass eine Luft-/Wasserwämpepumpe gegenüber der Erdsonden-Wärmepumpe in etwa einen Viertel mehr Strom verbraucht. Das sind dann Stromkosten in der Grössenordnung von 300-500 CHF im Jahr. Also alle zwei, drei Jahre verbrauchst Du ca. 1'000 CHF zusätzlich für Strom.

Die Erdsonde kostet Dich ca. 15'000 CHF und ist eine Anschaffung fürs Leben. Das heisst, wenn die abgesenkt und in Betrieb ist, wird Sie Dir für Dein ganzes Leben im Winter Wärme bringen und im Sommer mit einem Freecooling (zusätzlich ca. 1'500 CHF) ein angenehm kühles Haus bescheren. Mal abgesehen vom Freecooling, welches eher eine neuere Sache ist und mit den heisseren Sommern aber auch eine immer wichtigere Rolle spielen wird, benötigst Du demzufolge 30 - 45 Jahre um die Sonde zu amortisieren.

Nun wird aber Deine Wärmepumpe sicher nich so lange halten. Nach 15-20 Jahren wird Deine neue Anlage den Geist aufgeben und muss ersetzt werden. Dann ist der Totalersatz der Luft-/Wasser-Wärmepumpe also "Wärmezulieferung" und "Wärmeerzeugung" natürlich einiges teurer als der alleinige Ersatz der "Wärmeerzeugung" bei der Erdsonden-Wärmepumpe. Spätestens dann, also in ca. 20 Jahren wirst Du mit der Erdsonden-Wärmepumpe günstiger heizen und Warmwasser produzieren. Und dies Jahr für Jahr. Ich gehe mal davon aus, dass Du nicht geplant hast den Löffel dann bereits abzugeben, sonst würdest Du jetzt nicht ein Haus planen.

Also ist es für mich klar, wenn es irgendwie ins Budget passt, ist die Erdsonden-Wärmepumpe die intelligentere Alternative. Daneben wirst Du mit deinem Nachbarn auch nie Zoff kriegen, wegen dem Lärm der Heizung. Ws bei der Luft-/Wasser-Wärmepumpe immer wieder einmal Anlass zu Streitigkeiten gibt.

Gruss vom Zürich- an den Bodensee

Urs Tischhauser 

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Danke für deine Darstellung, Urs!

Ausschlaggebender Punkt kann am Ende sein, dass mir in 15-20 Jahren 20k CHF für eine neue Heizung weniger weh tun als heute. Der Hausbau wird mich "bis auf die Unterhose ausziehen", sodass "ein bisschen mehr hier, ein bisschen mehr da" in Summe zu schwer ins Gewicht fallen. Vielleicht habe ich auch Glück und ich kann die Pumpe einfach ersetzen. Ölheizungen sind auch noch nicht tot und über 30 Jahre alt :)

Aber ich nehme das so hin und muss am Ende bei den Aufpreisoptionen abwägen was für mich sinnvoller ist.

Danke!

 
"bis auf die Unterhose ausziehen"
Wenn du baust, musst damit rechnen, dass diese dann auch noch fehlt. Spass bei Seite,  Vermutlich werden natürlich die Stromkosten steigen, dann stellt sich die Frage, ob sich später eine Photovoltaikanlage lohnt. (Leerrohre verlegen) Diese soll dann den Strombedarf der Wärmepumpe kompensieren. Heisst, dies würde natürlich bei einer Erdwärmesonde einfacher, günstiger, und mit weniger Dachfläche zu kompensieren sein. Und ob "das viertel" mehr an Stromverbrauch auch bei deinem Objekt so ist, hängt natürlich auch noch von vielen weiteren Faktoren ab. Es macht halt schon einen Unterschied, ob ich von 0°C aufheizen muss, oder von 15°C, 

Gruss Pit

 
Hallo zusammen

So wie es Urs geschrieben hat, haben wir uns auch entschieden eine Erdsonden-Wärmepumpe beim EFH Neubau zu planen. Klar ist es ein beträchtliche Budgetposition und wir "mussten" an andren Orten sparen - bspw. Kellertreppe oder den Kellerausbau (er ist bei uns nun kalt). Dennoch bin ich überzeugt, dass wir die richtige Entscheidung für die Zukunft gemacht haben. Insbesondere das Freecooling ist ein coole Sache.

Noch kurz eine (Sicherheits-)Frage - wir bohren 180m tief für ein EFH - reicht diese tiefe oder sollte man tiefer bohren? 

Nach meinen Recherchen im Internet und Nachfragen beim Architekten sollte die Tiefe dem geschätzten Heizlast von 6kw reichen. 

 
Ich habe gerade mit unserem regionalen Energieberater gesprochen.

Er hat mir gesagt, dass unser Grundstück in einer Grundwasserschutzzone liegt und das Thema Erdsonde daher tabu ist.

Für mich eine Erleichterung, da ich mich um dieses Thema jetzt nicht mehr kümmern muss. Es wird eine Luft/Wasser-Anlage (hochwertig wegen Lärm und Kühlfunktion). Alles andere ist nicht machbar/sinnvoll für uns.

Danke euch für eure Kommentare und Anmerkungen. Ich hätte vielleicht früher telefonieren und später hier fragen sollen :)

 
@Ben.

Es gäbe noch die Möglichkeit einer Grundwasserwärmepumpe. Nur damit die Info vollständig ist. Je nach Schutzzone werden diese auch teilweise genehmigt.

Nach meinen Recherchen im Internet und Nachfragen beim Architekten sollte die Tiefe dem geschätzten Heizlast von 6kw reichen.
"Sollte"  ist ein vage Sache bei Erdwärme, Wenns nicht reicht, heizt du elektrisch zu, dass sich das ganze nicht mehr lohnt. Die Bohrtiefe muss nach SIA berechnet werden. Die Temperaturen sind ja nicht überall gleich bei einer Tiefe x. Überlegenswert wären auch 2 Bohrungen mit jeweils ~100. Dann braucht es keine Spülbohrung, und es wäre auch effizenter, wenn du die Kühlfunktion (FreeCooling) nutzen möchtest.

Gruss pit

 
Danke, ich unterhalte mich im Januar mit dem regionalen Energieberater und werde ihn drauf ansprechen. Aktuell bin ich froh die Entscheidung damit getroffen zu haben und das freie Budget in Pv stecken zu können.

Der Herr meinte am Telefon ab 2021 sind PV-Anlagen Pflicht, dann gibt es auch keine Förderung mehr. Naja, mal sehen.

 
Hallo zusammen

So wie es Urs geschrieben hat, haben wir uns auch entschieden eine Erdsonden-Wärmepumpe beim EFH Neubau zu planen. Klar ist es ein beträchtliche Budgetposition und wir "mussten" an andren Orten sparen - bspw. Kellertreppe oder den Kellerausbau (er ist bei uns nun kalt). Dennoch bin ich überzeugt, dass wir die richtige Entscheidung für die Zukunft gemacht haben. Insbesondere das Freecooling ist ein coole Sache.

Noch kurz eine (Sicherheits-)Frage - wir bohren 180m tief für ein EFH - reicht diese tiefe oder sollte man tiefer bohren? 

Nach meinen Recherchen im Internet und Nachfragen beim Architekten sollte die Tiefe dem geschätzten Heizlast von 6kw reichen. 
Die Wärmeentzugsleistung ist abhängig vom Bodenuntergrund. Man rechnet mal im Ansatz so mit 40-50W pro Meter. Das sollte also mehr als deutlich ausreichen, wenn die Bodenbeschaffenheit nicht extrem "schlecht" ist.

 
Danke für eure Antworten. 

Ja, das mit "sollte" wurde natürlich vom Architekten respektive Heizungsplaner schon berechnet. 

Ich hätte ansonsten noch kurz beim kantonalen Amt nachgefragt. Die können im Bezug auf die Bodenbeschaffenheit sicherlich Auskunft geben.

 
Ich kann in unserem Kanton auf dem geoportal die Bohrlöcher nachschauen, dazu steht dann auch immer ein Bodenbeschaffungsbericht.

Selber werde noch 1Jahr zuwarten, und zuerst noch Dämmmassnahmen (Fenster, Kellerdecke) umsetzen.

 
Die Entscheidung ist ja bereits gefallen, aber für andere Leser:

Freecooling ist, wie es der Name schon sagt, ein "passiver" Prozess. Gemäss meinem Heizungs-Spezi erlebt er es immer häufiger, dass die Löcher einfach gesättigt sind und daher nicht weiter gekühlt werden kann. Da bist du mit einer aktiven Kühlung wie zb bei einer Luft-Wärmepumpe mit Kühlfunktion besser dran. Solange du Strom hast, kannst du kühlen.

Wir schauen beim Bauen noch sehr auf die Heizung, ich denke aber in Zukunft wird auch in unseren Breitengraden die Kühlung immer wichtiger.

 
Freecooling ist, wie es der Name schon sagt, ein "passiver" Prozess. Gemäss meinem Heizungs-Spezi erlebt er es immer häufiger, dass die Löcher einfach gesättigt sind und daher nicht weiter gekühlt werden kann.
Dann muss es am Heizungs-Spezi liegen der die Sonden häufig falsch auslegt. Bei uns war die Sonde noch nie nahe an der Sättigung. Maximale Rücklauf Temperatur war noch nie über 16°C auch im Sommer 2018 wo das die Kühlung teilweise wochenlang durchlief. Das als Argument für eine Luft-Wärmepumpe zu nehmen ist also ein grober Irrtum.

 
Dann muss es am Heizungs-Spezi liegen der die Sonden häufig falsch auslegt. Bei uns war die Sonde noch nie nahe an der Sättigung. Maximale Rücklauf Temperatur war noch nie über 16°C auch im Sommer 2018 wo das die Kühlung teilweise wochenlang durchlief. Das als Argument für eine Luft-Wärmepumpe zu nehmen ist also ein grober Irrtum.
Dem schliesse ich mich voll umfänglich an,zumal es im Notfall auch für Erdwärme eine aktive Kühlung gibt, welche dann natürlich viel wesentlich weniger Energie braucht, da das Wasser bereits von der  "vorgekühlt" ist. Es macht schon einen grossen Unterschied aus, ob ich von 30° aus der Luft herunterkühlen möchte oder sagen wir einmal von 15° aus der Erde

Gruss pit

 
@el-nino Also, dass eine Erdsonde mit einer Länge von 160-200m wie sie für ein EFH üblich sind "gesättigt" sein kann, halte ich für ein Märchen. Wenn man also mit einer Leistung von 50W/m "heizen" kann, müsste eigentlich ja in dieser Grössenordnung auch "gekühlt" werden können. Ich habe eher das Gefühl dass Dein Heizungs-Spezi möglicherweise nur vom Heizen was versteht und von Kühlen nicht die grosse Ahnung hat.

Schöne Festtage

Urs

 
Wir haben im Raum Zürich für 8kW auf 200m gebohrt. Ist aber immer sehr abhängig von der Bodenbeschaffenheit, ist klar :)

Bitte nicht 2x100m bohren, das ist nicht vergleichbar, man bräuchte dann schon eher 2x120m oder so, und dann ist die Frage ob man da noch einen turbulenten Strom hinkriegt oder nicht.

 
Bitte nicht 2x100m bohren, das ist nicht vergleichbar,
Das kann ich nicht so pauschal stehen lassen. Der Heizbedarf muss berechnet werden, ebenso wie die dafür benötigte Bohrtiefe/Sondenlänge nach SIA 384/6. Wenn man FreeCooling nutzen möchte, machen mehrere geringer tiefe Bohrungen durchaus Sinn. Und natürlich muss zuvor berechnet werden, ob die geforderte Wärmeenergie noch erreicht wird. Wenn es  2x120m werden, dann halt 2x120m.

und dann ist die Frage ob man da noch einen turbulenten Strom hinkriegt oder nicht.
Warum auch nicht, dies ist mittlerweile durchaus üblich so zu verfahren, zu Mindest wenn man FreeCooling nutzt.

Gruss Pit

 
Ich möchte das Thema noch mal aufgreifen.

Eine Erdwärmebohrung darf ich gemäss Geologiekarte Thurgau nicht durchführen. Ob damit auch die Nutzung des Grundwassers gilt versuche ich noch zu klären, aber ich gehe davon aus, dass beides verboten ist.

Nun habe ich etwas von "Erdwärmekörben" gelesen. Kann mir jemand eine grobe Orientierung geben was sinnvoller ist, eine Luft/Wasser-Wärmepumpe oder solch ein Erdwärmekorb?

Ich habe das so verstanden, dass ich diesen Korb auf dem Grundstück vergrabe, dieser aber nicht überbaut werden darf. Ich muss einen (oder mehrere) solcher Körbe so platzieren, dass sie nicht von meinen Gebäuden bzw. grossen Pflanzen (Bäumen etc.) überdeckt werden.

Aber macht ein solcher Erdwärmekorb im Vergleich zu einer Luft/Wasser-Wärmepumpe Sinn?

Danke vorab für Erfahrungswerte!

 

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