Tagebuch eines werdenden Vaters

Hallo Gemeinde

Es ist bald morgens um 1Uhr und ihr alle könnt Euch vermutlich vorstellen was ein frischgebackener Vater um diese Uhrzeit um den Schlaf bringt und an den PC treibt: Der kleine Sohnemann der nicht schlafen will.

Normalerweise kann ich Lian mittlerweilen ziemlich gut und in allen Lagen beruhigen (und wenn es durch 30 minütiges Tanzen durch die ganze Wohnung zu lauter Musik ist) - aber heute Nacht werden alle Bemühungen nur mit lautem Protest quitiert. Desshalb habe ich den kleinen Wicht nun einfach mal hingelegt und lasse ihn jetzt ein bisschen vor sich hinteupelen: Er ist frisch gewickelt, wurde vor 45min gestillt und eigentlich sollte ausser einer übermüdung bei ihm alles in Ordnung sein. Mal sehen ob er sich selber in den Schlaf bringen kann während ich diesen Beitrag verfasse. Das wäre bisher das erste Mal das er es alleine fertig bringt - bisweilen schlief er immer nur ein nachdem er entweder gestillt wurde, in den Schlaf gewiegelt wurde, im Kinderwagen rumkutschiert wurde oder sonst irgendwie in den Schlaf manipuliert wurde. Nicht das ich den 2 Woche alten Mann jetzt schon erziehen möchte, aber ich denke ein Versuch ihn mal selber machen zu lassen schadet auch nicht. Vielleicht hat ja jemand von Euch Lesern einen guten Tipp (keinen Herkömmlichen den man überall im Netz sowieso findet) wie mans am Besten bewerkstelligt dass ein Baby langsam lernt sich selber in den Schlaf zu bringen ohne "Manipulation". In manchen Büchern steht ja einfach man solle sie schreien lassen bis sie von selber einschlafen weil alle Manipulationen irgendwann sowieso wieder abgewöhnt werden müssen und mehr ein Hindernis darstellen als eine langfristige Lösung. Nunja, ich denke das hat sicher was - ich bin nicht jemand der wegen jedem Schrei sofort losrennt, doch ich bin auch nicht jemand der das Baby einfach 20min schreien lässt. Ich denke der goldene Mittelweg beschreibt uns am Besten. Wie macht ihr das so?

So, aber nun zum eigentlichen Beitrag - ich wollte ja noch ein paar Worte über die Geburt loswerden:

Nachdem Shana 24 Stunden lang mehr oder weniger Vorbereitungswehen hatte und wir nur sehr wenig geschlafen haben in dieser Zeit, gings um ca 17Uhr am 20.12 los mit regelmässigen Wehen alle 5 min. Wir blieben entspannt. Ich massierte Shana jeweils wenn die Wehen kamen und sie veratmete sie sehr gut. Dabei lief der Fernseher und wir waren gut drauf. Nach ca 4 Stunden regelmässiger und häufiger Wehen (ca alle 3-7min) machten wir uns langsam auf den Weg ins Spital. Dort angekommen, wurde Shana untersucht, der Muttermund war 2-3cm offen. Sehr bald kamen die Wehen schon alle 2-3 min. Die ersten Stunden ging das eigentlich immernoch einigermassen. Obwohl wir eine ganz schreckliche Hebamme hatten die überhaupt nichts warmherziges hatte und die mehr abwesend als anwesend war. Ich hatte alle Hände voll zu tun und kam schon bald mal an den Anschlag: Shana hatte immer mehr zu beissen und wir fühlten uns einfach nicht betreut. Die Hebamme bereitete die Badewanne vor und verliess den Raum danach wieder - Shana und ich schauten mehr oder weniger alleine wie wir über die Runden kamen. Nach endlosen Stunden wurde sie dann endlich wieder untersucht und es stellte sich heraus dass sich am Muttermund so gut wie nichts getan hatte. Für Shana war das eine regelrechte Faust ins Gesicht - all diese Schmerzen vergebens?

Mittlerweilen war es um die 4Uhr morgens, Shana hatte in den letzten 48 Stunden kaum geschlafen und konnte sich allmählich zwischen den Wehen überhaupt nicht mehr entspannen; Sie zitterte am ganzen Körper - war völlig geschwächt. Sie bekam ein Schmerzmittel worauf Sie mit Erbrechen reagierte - natürlich durfte ich sie beim Erbrechen begleiten, war ja keine Hebamme im Raum wie so oft in dieser Nacht. Ich fragte mich wie man jemandem Schmerzmittel spritzen und dann den Raum verlassen kann - ist das nicht fahrlässig? Es könnte ja jemand allergisch reagieren darauf....hmmm..Es folgte ein Ultraschall ob das Baby überhaupt noch richtig liegt und Besprechungen mit dem Frauenarzt/Hebamme und schlussentlich bekam Shana noch Wehenmittel die die Wehen effektiver machen sollte. Das Baby lag nicht optimal hatte den Kopf nicht richtig im Becken unten - eine Art von Sterngucker. Ich plädierte auf eine gleichzeitige PDA zusammen mit den Wehenmittel - aber Shana versuchte es ohne, was ich nicht recht nachvollziehen konnte. Vermutlich lag es an den Wehenstopp-Medikamenten die sie noch vor wenigen Minuten bekam um eine Verschnaufpause zu kriegen - in dieser Pause muss sie sich kräftig gefühlt haben für einen neuen Angriff von dem niemand wusste wieviele Stunden er noch dauern könnte. Schon nach 20-30min war sie aber so fertig dass sie nicht einmal mehr richtig aussprechen konnte dass sie jetzt doch eine PDA wolle. Ich musste sie richtiggehend in diese Richtung animieren, sah ich doch dass sie nur noch weinte und einfach nicht mehr konnte. Sie war fix und fertig. Also PDA - noch ca 45min gekämpft bis das Mittel wirkte und von da an ging es aufwärts: Der Körper entspannte sich, die Schmerzen gingen, die Wehenmittel erfüllten ihren Zweck: Der Muttermund öffnete sich zügig. Als dann am Morgen früh zum Schichtwechsel noch unsere Hebamme ausgetauscht wurde und eine sympathische, erfrischende, super liebe Frau das Zepter übernahm, ging es in rasanten Schritten vorwärts. Ich musste mich zu diesem Zeitpunkt alle 10min im Nebenzimmer selber ohrfeigen damit ich noch wach blieb - auch ich hatte in den letzten 2 Tagen so gut wie nichts geschlafen und war kaputt bis zum geht nicht mehr. Meine Freundin so leiden zu sehen, hat mich völlig ausgezerrt. Ich las ja viel darüber, aber das es einem so mitnimmt, dass die Hilflosigkeit so an einem zerrt, das hätte ich dann doch nicht gedacht. Ich konnte nichts machen, einfach massieren und animieren/motivieren so gut es ging und bis mir die Handgelenke vom massieren brennend schmerzten. Naja, aber an dieser Stelle will ich nicht jammern, den Löwenanteil hatte natürlich Shana und das Baby zu meistern. Immerwieder überkamen mich versteckte Tränen in dieser Endphase - Shana hatte die letzten 2 Tage so Tapfer gemeistert, ich war so unendlich stolz auf sie.

Um ca 8Uhr konnte Shana mit dem Pressen beginnen. Sie spürte in der letzten Stunde vor der Geburt die Wehenschmerzen wieder ziemlich stark an einem Punkt am Bauch - musste aktiv die Wehen wegatmen und begann minütlich wieder mehr zu leiden, trotz PDA. Doch so soll es ja auch sein. So konnte sie super mithelfen beim Pressen. Die Hebamme war ganz aus dem Häusschen wie gut Shana das machte. 08:10 und schon sah man das Köpfchen und 08:19 war dann Lian geboren - sofort kam er auf die Brust von seiner Mutter: Was für ein Moment. Ich musste die letzte Stunde immer gegen die Tränen kämpfen aber in diesem Moment war ich so fasziniert, dass ich gar nicht weinen musste (glaube ich zumindest mich zu erinnern, es war wie in Trance). Dann konnte ich noch die Nabelschnur durchschneiden und es war geschafft. Der kleine blieb ein Stündchen bei uns liegen bevor er untersucht wurde: Alles tip top bei ihm soweit.

Wir bekamen noch ein Frühstück und wurden alleine gelassen um das Familienglück zu geniessen. Unglaublich wie die Müdigkeit plötzlich verschwunden war. Dennoch war ich dann froh am Mittag ins Bett zu kommen für 4 Stunden. Länger konnte ich nämlich nicht schlafen weil die Gratulanten auftauchen /emoticons/default_biggrin.png

Was für ein Tag! Ich werde ihn nie vergessen!!

An Weihnachten durfte ich die Familie dann vom Spital abholen und wir verbrachten ein schönes Fest. Shana geht es hervorragend. Sie hatte überhaupt keine Verletzung am Damm oder an der Scheide...nichteinmal schürfungen. Die Hebamme meinte das sei relativ selten. Also doch noch ein schönes Finish nach 14 Stunden Wehen im Dauertakt und 24 Stunden Vorbereitungswehen davor...

Alle Schmerzen sind mehr oder weniger vergessen sobald das Baby da ist - und es folgen andere Herausforderungen, grins... es ist jetzt 2 Uhr und der kleine Mann hat sich nicht beruhigt (Natürlich war er nicht die ganze Zeit alleine im Bettchen, habe zwischenzeitlich schon wieder einige Auf und Ab Gänge mit ihm hinter mir). Er bekam jetzt seine Mahlzeit und schläft jetzt endlich - also nutze ich den Moment und hau mich auch hin.

Liebe Grüsse

Flesh

 

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