Gipser - wie viel ist zu akzeptieren?

1873goes2021

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17. Aug. 2020
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Liebe Forumsgemeinde

Bei uns wird fleissig am Innenausbau gewerkelt. Schon vor einigen Wochen hat der Gipser den Weissputz angebracht. Die eine Fensterlaibung haben wir als krumm moniert (war von blossem Auge sichtbar) und wurde seither auch 2x ausgebessert, aber wir haben natürlich nicht alle Wände mit der Wasserwaage kontrolliert. Als nun Parkettleger und Schreiner (Türen) zu Gang gingen, wurde aber immer mehr klar, dass die Wände nicht gerade sind, d.h. ohne Korrekturen wird bei uns ein grosszügiges Anbringen von Kittfugen (und nicht nur in der Breite von 5mm) nötig sein bei Türrahmen und Sockelleisten. Da wir aber demontierbare Sockelleisten mit Kabeleinzug geplant haben in den meisten Räumen, wird dies für diese schlecht gehen. Sowohl Parkettleger als auch Schreiner haben uns "off-the-Record" gesagt, dass so eine Gipserarbeit nicht "normal" sei, auf anderen Baustellen sähe dies anders aus. Der Architekt meint nun aber, dass es halt ein altes Haus sei und mit schiefen Wänden gerechnet werden müsse, das sei so völlig normal und im Rahmen des Akzeptablen. Zudem hätten wir ja darum gebeten, dass möglichst platzsparend gearbeitet wird, so dass wir keine Raumgrösse verlieren, es sei nicht vom Gipser gefragt worden, dass er die Wände gerade mache. Dass aber auch die neuen Wände krumm sind ("Da hat vielleicht der Sanitär das GIS-Element etwas ungenau montiert, das ist dann nicht Schuld des Gipsers") und auch solche, welche wir explizit haben lassen begradigen, wird weggewischt. Und es gibt doch einen Unterschied zwischen, "es muss nicht 100% Wasserwaage/90° Winkel-genau sein, wenn dafür 4cm Gips aufgedoppelt werden muss" und "Bitte so wenig Gips wie möglich, auch nicht die "Einbuchtungen", wo zwei Gipsplatten aufeinander treffen ausgleichen". Zudem sehe ich nicht, wie es ein Problem der alten Wand sein kann, wenn mit Gipsplatte aufgedoppelt wird und die fertige Wand dann wellenlinienartig verläuft. Das ist doch dann der Gips, der nicht gleichmässig aufgetragen worden ist, denn die Gipsplatte darunter ist doch gerade?

Ich gebe zu, wir haben wirklich einen günstigen Gipser ausgesucht, aber der Architekt hatte Erfahrungen mit diesem und uns gesagt, dass zwar einige Anpassungsarbeiten auf uns zukommen werden, aber am Ende sollte es gut kommen, es bräuche einfach evtl. 2-3 Versuche. Darauf haben wir uns eingestellt, aber nicht darauf, dass nun der Architekt nicht bereit ist, solche Nachbesserungen zu verlangen.

Oder ist es wirklich so, dass man vom Gipser nicht erwarten kann, dass man danach Sockelleisten und Türrahmen ohne grosse Kittfugen montieren kann? Insbesondere nicht in einem 150 Jahre alten Haus (aber im Rahmen einer Kernsanierung, wo 90% der Wände mit Gipsplatten neu verkleidet worden sind)?

Ich sehe eigentlich nur, dass wir den Architekten nochmals auffordern müssen, die Wände korrigieren zu lassen und wenn er das nicht tue, dann drohen, einen Experten vom Maler- und Gipserverband hinzuzuziehen? Oder hat noch jemand eine bessere Idee oder gute Argumente? Oder liegen wir einfach falsch?

 
Da tauchen erst einmal Fragen auf.

- Hatte der Architekt die Bauaufsicht ,wenn ja, warum hat er die Montage der GIS-Elemente so abgenommen.

- Was steht im Vertrag mit dem Gipser. Arbeiten nach SIA o.ä. denn dann gibt es Toleranzgrenzen, welche einzuhalten wären.

- Ist das mit dem zu geringen Raumverlust vertraglich verankert, vor allem dass Ihr dann auch "krumme Wände" ausserhalb der geforderten Toleranzen akzeptiert?

- Hat der Architekt auch die Aufdopplungen so akzeptiert, wenn er denn die Bauaufsicht hatte.

- Seit wann soll eine Äusserung " so wenig Raumverlust wie möglich", eine krumme Wand rechtfertigen?

- War dem Architekten/Gipser vorab bekannt, dass solche Leisten moniert werden sollen.

- Hat der Architekt die jeweiligen Abnahmen gemacht? Wart Ihr mit dabei, oder durfte er es eigenständig? 

Gruss Pit

 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Da tauchen erst einmal Fragen auf.

- Hatte der Architekt die Bauaufsicht ,wenn ja, warum hat er die Montage der GIS-Elemente so abgenommen.
-> Ja, Architekt ist Bauleitung, aber sie sehen ihren Auftrag sehr eng. Als wir einmal moniert hatten, dass die Masse falsch waren (GIS-Element hatte noch einen Durchgang von 55cm in die Dusche anstelle der geplanten 60), meinten sie, dass es nicht Aufgabe der Bauleitung sei, nachzumessen, sondern sie können den Unternehmer vertrauen...) Daher denke ich auch nicht, dass sie die GIS-Elemente speziell abgenommen haben.

- Was steht im Vertrag mit dem Gipser. Arbeiten nach SIA o.ä. denn dann gibt es Toleranzgrenzen, welche einzuhalten wären.
-> Vertrag referenziert auf SIA 118. Ausschreibung und spezielle Vorschriften für unser Bauprojekt gehen vor, aber letztere sind genereller Natur (z.B. keine Parkplätze bauseits zu Verfügung stehend), weshalb dort sicher nichts zur Schiefe von Wänden gesagt wird.

- Ist das mit dem zu geringen Raumverlust vertraglich verankert, vor allem dass Ihr dann auch "krumme Wände" ausserhalb der geforderten Toleranzen akzeptiert?
-> Nein, wir sind vor den Gipserarbeiten zusammen mit ihm und der Bauleitung/Architekt durch das Haus gelaufen, um zu bestimmen, was wo getan werden muss. Dabei haben wir mündlich darauf hingewiesen, dass wir nicht überall schichtenweise Gipsplatten aufdoppeln wollen, sondern die Raumgrösse auch berücksichtigt werden soll. Abgemahnt, dass dann die Wände so schräg sind, dass überall Kittfugen notwendig wären, wurden wir dann allerdings nicht. Zudem lief es dann doch darauf hinaus, dass wir an fast allen Wänden Gipsplatten befestigen mussten.

- Hat der Architekt auch die Aufdopplungen so akzeptiert, wenn er denn die Bauaufsicht hatte.
-> Wir haben es bisher selten gesehen, dass der Architekt etwas nicht akzeptiert hat. Dass aufgedoppelt wurde, war für uns auch OK, aber eben, wir haben diese Aufdoppelungen nicht mehr mit der Wasserwaage kontrolliert.

- Seit wann soll eine Äusserung " so wenig Raumverlust wie möglich", eine krumme Wand rechtfertigen?
-> Das Hauptargument ist ja "es ist ein altes Haus". :)

- War dem Architekten/Gipser vorab bekannt, dass solche Leisten moniert werden sollen.
-> Dem Architekten ja, dem Gipser wohl nicht (es sei denn, die Bauleitung hätte es ihm gesagt, aber es steht weder explizit in den Plänen, noch haben wir es ihm gesagt).

- Hat der Architekt die jeweiligen Abnahmen gemacht? Wart Ihr mit dabei, oder durfte er es eigenständig? 
-> Letzte Woche haben wir erfahren, dass der Architekt mindestens mit dem Sanitär schon eine Abnahme für die bereits montierten Badezimmermöbel gemacht hat, dabei waren wir nicht (auch nicht eingeladen) und wie oben geschrieben, gehen wir aufgrund von zahlreichen Diskussionen, die wir hatten, auch nicht davon aus, dass sie es als Aufgabe der Bauleitung sehen, jedes Gewerk abzunehmen, bevor der nächste kommt.

Gruss Pit


Hallo Pit

Vielen Dank für die Antwort! Habe Deine Fragen direkt oben in türkis(?) beantwortet.

Ich denke, unser Problem ist, dass wir (bzw. die eine Hälfte von uns) seehhr heikel ist und wirklich jedes Detail moniert (überspitzt formuliert, weil das Schraubloch 1cm weiter rechts ist, als er es getan hätte), der Architekt aber auch nicht so reagiert, dass wir das Gefühl bekommen, dass sie alles sauber planen und überprüfen und wirklich etwas tun, wenn es nicht mehr in der Toleranz ist. Daher finde ich es als Laie sehr schwer, abzuschätzen, wo wir einfach zu perfektionistisch sind und uns an der Leine nehmen müssen und wo es wirklich einen Grund gibt, zu insistieren, dass es besser gemacht wird.

 
Inzwischen sind etwas Zeit vergangen und zwei Bausitzungen ins Land gegangen und ich dachte, ich lasse Euch noch am Resultat teilhaben. Im EG, wo der Parkett noch nicht verlegt ist, haben sie heute nun alle Wände kontrolliert und wo nötig noch korrigiert, so dass zumindest auf Sockelhöhe die Wände plan sind und wir die Sockel schön montieren können. Bei den Türzargen sieht es nun auch so aus, dass bis auf eine Türe (an unserer "Sorgenwand", aber die war schon von Anfang an krumm und uneben...) die Kittfugen von akzeptabler Breite (deutlich unter 1cm) sind. In den OGs wird dann nach Montage der Sockel geschaut, ob es noch etwas zum Ausbessern gibt. Sowohl Architekt als auch Gipser haben also am Ende ohne grossen Widerstand reagiert und ich bin zufrieden - auch wenn schon das nächste Sorgenkind (Terrassengeländer) auf uns wartet...