Lieber Jomazi
Danke für Deine Komplimente.
Ich glaube nicht, dass sich Existenznot oder -Angst vergleichen lässt. Bzw. ich glaube nicht, dass ein Bauherr andere Ängste durchlebt als ein Handwerker. Insofern möchte ich da auch keinen Unterschied machen.
Das mit der Gerechtigkeit... seien wir ehrlich... ist schwierig. Eigentlich versuchte ich das anzutönen: Am stossendsten finde ich, dass ein Ex-Chef von einem konkursiten Unternehmen nach wie vor seinen Wohlstand geniessen kann, die, welche den Wohlstand mitbezahlt haben, stehen ab Abgrund. Und hier ist es eigentlich egal, ob es um GU neben Hauskäufern, GU neben Handwerkern, Swissair-Bossen neben Zulieferfirmen, Bankiers neben Steuerhinterziehern, ... oder ein anderes Beispiel geht. Hier stört mich die fehlende Gerechtigkeit weit mehr.
Unsere Gesellschaft baut darauf, dass von Firmen kein Durchgriff auf natürliche Personen möglich ist. Hier zu jammern wäre - da letztendlich nicht verhandelbar - unangebracht.
Uns so ist die Diskussion «Pfandrecht ja oder nein» einfach ein Schattenboxen, wo versucht wurde (bei der Einführung) und wird (in dieser Diskussion), den schwarzen Peter einem anderen Schwachen in die Schuhe zu schieben, die Verantwortlichen lässt man laufen. Das hat meiner Meinung nach auch keine Steigerung der Gerechtigeit zur Folge.
Wenn wir schon Gerechtigkeit fordern: Müsste nicht die Forderung sein, dass GUs / Architekten / Bauleiter (siehe auch irgendwo das Posting von Urs Tischhauser) eben einen Treuhandvertrag unterzeichnen müssen. Dass, wenn Sie Geld eben im Schneeballprinzip von Baustelle B zu den Lieferanten Baustelle A verschieben sich des (gewerbsmässigen?) Betrugs strafbar machen. So dass wenigstens bei den involvierten Persönlichkeiten auch noch etwas geholt werden kann?
Denn:
Irgendwie habe ich Mühe mit der Vorstellung, dass ein Haus, sagen wir 1 Kiste kostet. Der Bauherr überweist mit Hilfe der Hypotekarbank die Kiste an den GU. Dann steht ein halbfertiges Haus in der Gegend, aber das Geld ist ... värschwundäääh. Ja, gut, wenn irgend etwas wichtiges vergessen ging (aus meinem Alltag: die Hangsicherung, z.B.) kostet das Haus halt plötzlich mehr. Im normalen Bauherren-Modus muss der Bauherr dann halt mehr Geld einschiessen (schade, ärgerlich, bringt übrigens auch Leute finanziell an den Anschlag), beim GU lüpft es diesen. Aber Grundsätzlich steht dann dem bereits bezahlten Geld eine Gegenwert gegenüber.
Ich behaupte mal (da kein besseres Wissen vorhanden ist), dass wenn die üblichen GUs konkurs gehen, da eben dem bezahlten Geld nicht wirklich ein Gegenwert gegenüber steht. Das Geld ist "verdampft". Die geleistete Arbeit der Handwerker (da schlecht bezahlt und schlecht kontrolliert) entspricht dann halt leider nicht dem Gegenwert. Und in der Regel musste der GU ja das Geld irgendwo "temporär" in andere Projekte - welche auch nicht rentiert haben - stecken, damit er wenigstens dort aus dem Schlamassel ist. Normalerweise nennt man das ein "verbotenes Schneeballsystem".
Wenn wir von Gerechtigkeit sprechen - da müsste man ansetzen.
In dem Zusammenhang der Verweis auf Werthmüllers Haustagebuch:
Hier war (wenn ich mich recht erinnere) nicht mal ein Pfandrecht das Problem...
Apropos Gerechtigkeit. Als Planer (Ingenieur) ist mir das Pfandrecht ebenfalls verwehrt. Wir mussten auch schon Beträge wegen (fremder, nicht eigener!!!) Insolvenz abschreiben. Als Ingenieur mit einem sehr kurzen Ausschnitt aus den Planungsleistungen bin ich da jedoch wesentlich in einer bevorzugteren Position, als z.B. Bauleiter, welche bis zum Ende bleiben müssen.
Man könnte auch noch eine Risiko-Debatte führen. Heutzutage kann man "alles" versichern, wahrscheinlich könnte man sich sogar gegen Handwerkerpfandrechte versichern. Wer würde das nun bezahlen? Letztendlich würde das darauf hinauslaufen, dass Versicherungen Dir dafür eine Bautreuhänder aufs Auge drücken, Versicherungen und Bautreuhänder würden kassieren, Du würdest bezahlen. Der Kontrollaufwand eines Bauherrs würde dann einfach über Frankenbeträge externalisiert.
Für Betroffene wäre diese Diskussion natürlich hirnrissig und nicht angemessen.
Seien wir ehrlich - das ganze gingte natürlich auch andersrum, für Handwerker, die sich gegen einen GU-Insolvenz versichern lassen könnten. Was letztendlich darauf hinauslafufen würde, dass Versicherungen der Baustelle einen Bautreuhänder aufs Auge drücken, Versicherungen und Bautreuhänder kassieren würden, und der Bauherr (indirekt) bezahlen würde. Der Kontrollaufwand der Handwerker würde einfach über Frankenbeträge externalisiert und in der Offertphase in die Einheitspreise eingerechnet.
Schlussendlich.
Ich möchte mich nicht verstanden wissen, dass ich das Pfandrecht nun durch alles durch und durch richtig fände. Mit meinen Beiträgen wollte ich vor allem Informieren - schliesslich dürfte es das eine oder andere Detail geben, das dem Durchschnitts-Hüsli-Bauer nicht bekannt ist. Etwas Verständnis für die jeweils andere Seite hilft.
Allerdings. Mir haben Gespräche mit Unternehmern die Augen dafür geöffnet, wie Bauherren z.T. mit Unternehmern umgehen. Und es schamlos ausnutzen, dass verbauter Beton nicht einfach «bis zur Bezahlung im Eigentum des Verkäufers» bleiben kann, wie dies bei sonst üblichen Verkaufsverträgen der Fall ist.
Und um irgendwie zu einem Schluss zu kommen.
Ich bin der Meinung, dass das Pfandrecht Ungerechtigkeiten zur Folge hat.
Ich bin der Meinung, dass eine Abschaffung vom Pfandrecht keinerlei Mehr an Gerechtigkeit bringt.
Ich bin der Meinung, dass der Eintrag vom Pfandrecht schwierig genug ist.
Ich bin der Meinung, dass ein Unternehmer NICHT das Recht haben sollte, eine Baustelle zu blockieren, nur weil er meint Geld zugut zu haben.
Darum bin ich der Meinung, dass die Forderung Abschaffung vom Pfandrecht zu kurz greift, und die wahren Schuldigen weiterhin ihr "verdientes" Geld geniessen lässt.
Haba