Grüezi, in Kurzform hier mal eine Übersicht über handelsübliche Fronten bei Küchen, deren Vor- und Nachteile und Pflege, geordnet von günstig nach teuer:
1. Melaminharzbeschichtet/Kunstoffummantelt, machmal auch Laminat genannt. Gibt es als supermatt, matt, seidenglänzend (Standard) und glänzend:
pflegeleicht und robust (vor allem bei Kindern und Tieren im Haushalt sehr zu empfehlen), bei dunkleren Farbtönen sind Fettfinger und dergleichen eher sichtbar. Der Preis variiert hier auch nochmals durch das Trägermaterial, sprich: was ist eigentlich unter der Beschichtung? Günstig ist die im unteren Segment handelsübliche Spanplatte, die aber dazu neigt, sich mit der Zeit eventuell zu verziehen. Gerade bei grösseren Türen (Geschirrschrank, Kühlschrank...) passiert das eher und bei Türen, die sich in der Nähe vom Geschirrspüler (durch die Temperaturunterschiede und dem Dampf) und in der Nähe oberhalb des Kochfeldes (Dampf und Fettschwaden) befinden. Achtet man hingegen auf den nächsten Preissprung, nämlich als Trägermaterial eine sogenannte MDF-Platte ("mitteldichte Faserplatte") als Innenleben zu wählen, ist man diesbezüglich auf der sicheren Seite. Diese Platte verzieht sich nicht und ein weiterer Vorteil ist, dass die Beschichtung besser hält, da die MDF-Platte eine sehr viel feinere Oberfläche und somit mehr Auflagefläche hat als eine Spanplatte. Pflege: Leicht feuchtes Tuch (lauwarmes Wasser benutzen) bei normaler Verschmutzung, einen Spritzer Spülmittel kann man ins Wasser tun. Hartnäckige Flecken kann man mit einem handelsüblichen Kunststoffreiniger behandeln (aber vorher an einer nicht sichtbaren Stelle testen!). Bitte keine Scheuermilch oder gar Topfschwämme verwenden, das macht auf Dauer den Kunststoff kaputt (verkratzt/blinde Stellen).
Danach immer mit einem weichen Tuch alles trocken wischen. Lässt man es lufttrocknen, hat man im Regelfall diese Schlieren drauf.
2. dünne Folie/foliert/folienummantelt (hochglänzend):
Davon ist aus heutiger Sicht immer abzuraten, egal, ob Kinder und/oder Tiere im Haushalt sind oder nicht. Ursprünglich war das mal die Pseudolackküche für den kleinen Geldbeutel. Sieht ja auf den allerersten Blick imposant aus und kostet, wenn überhaupt, gerade mal die Hälfte. Das vermeintliche Schnäppchen hat im Dauergebrauch aber nur Nachteile. Es ist, laienhaft ausgedrückt, nicht mehr als eine um die Ecken gezogene Plastiktüte. Bei den ganz billigen Modellen sieht man, wenn man die Front gegen das Licht hält, sogar die Struktur der Spanplatte untendrunter... Da die Folie so dünn ist, kommt es früher oder später zu Schrumpfungen im Backofen-, Geschirrspülerbereich, die Folie verfärbt und kräuselt sich und löst sich irgendwann irreparabel ab. Und wenn Bello sich mal lang macht und sich gegen die Front stellt und dann mit den Krallen daran herunterrutscht... Oder der Junior sich mit seiner Jeans mit den vier Nieten hinten an den Taschen mit dem Rücken anlehnt und sich herunterrutschen lässt, ja dann... kann es Folienriss geben.
3a. Melaminharzbeschichtet glänzend:
Pflegeleicht und robust, allerdings Geschmackssache, da gegen das Licht betrachtet, immer ein leicht wolkiger Effekt auf der Fläche zu sehen ist. Pflege wie bei 1.
3b. Strukturlack
Pflegeleicht. Kann, wie bei Lack halt möglich, bei zu agressiven Attacken abplatzen. Ansonsten reine Geschmackssache. Manche mögen die Struktur, andere nicht. Pflege wie bei 1.
4a. HPL-Schichtstoff matt und hochglänzend/Acryl beschichtet - die echte Alternative zur Lackküche
HPL heisst high pressure laminate, also mit hohem Druck draufgepresstes Laminat. Das hält, ist unempfindlich und pflegeleicht. Hier kann man auch andere Kanten wählen, z. B. Aluminium, Edelstahl, Multiplex usw. Neben den einfarbigen Modellen gibt es meist auch noch z. B. die Abet-Kollektion (das ist ein italienischer Hersteller dieser Schichtstoffplatten und die riesige Auswahl von matt und Hochglanz, Farbe, Holzdekore usw. überfordert so manchen).
Acryl beschichtet: Acryl ist hart und kratzunempfindlich.
Pflege: wie bei 1. im Normalgebrauch, statt Tuch aber ein sauberes Fensterleder nehmen, auch beim Trockenreiben. Zweimal jährlich kann man die Hochglanzfronten zusätzlich noch mit einer hochwertigen Autopolitur (ja wirklich, aber keinen Lackreiniger, keine farbige Autopolitur oder so etwas) wieder in Schwung bringen. Bei Schichtstoff kann man ältere Flecken auch mit einem Waschpulverbrei (also Waschpulver mit ein bisschen Wasser verrühren) betupfen, notfalls über Nacht einwirken lassen und dann mit einem feuchten Leder entfernen.
4b. Melaminharzbeschichtete Hochglanzfront: Kombiniert Nr. 1 mit Hochglanz und ist ebenso pflegeleicht und unempfindlich. Pflege wie bei 4a ohne Autopolitur. Der Unterschied zwischen 4a und 4b ist eher eine persönliche Einstellung zum Material.
5a. Massivholzrahmen/Füllung furniert ("Landhaus"), Massivholz:
Massivholzrahmen/Füllung furniert: Ist zum einen eine Preisfrage, zum anderen eine technische Sache. Fronten mit dieser Kombination sind stabiler in Hinsicht auf die Temperaturunterschiede in der Küche. Gerade die Geschirrspülerfront und die dort unmittelbar angrenzenden Fronten und die oberhalb des Kochfeldes haben einiges auszuhalten.
Massivholzfronten neigen dort mit der Zeit zu Rissen, auch wenn sie mit Lack versiegelt sind. Holz lebt halt weiter. Es entstehen auch recht leicht Dellen, wenn Gegenstände zu stark an die Fronten geraten. Auch Farbveränderungen in Bereichen von Sonneneinstrahlung und Halogenbeleuchtung sind nicht auszuschliessen. Klassisches Beispiel ist die Kiefer, die mit der Zeit immer dunkler wird und dadurch aber auch ihren Stil bekommt.
Pflege: Bei Lackversiegelung: Mit feuchtem Tuch in Faserrichtung wischen, nachtrocknen. Alle Verunreinigungen sofort entfernen.
Geölte Fronten mit dem gleichen Öl (vom Küchenbauer mitgeben lassen) mindestens 2mal jährlich nachölen, gewachste Fronten ebenso. Bitte keine Möbelpolitur verwenden. Sie verstopft die Poren, lagert mit jeder Anwendung immer mehr auf und verursacht so eine speckige Oberfläche.
5b. furnierte Fronten
Bitte drauf achten, dass da mindestens eine MDF-Platte als Träger verwendet wird (siehe unter 1.) oder eine Tischlerplatte (dann passt es aber nicht mehr in diese Preisklasse). Das Holzfurnier zieht, d. h. eine Spanplatte zieht dann mit und dann ist das unter 1. beschriebene Elend auch hier zu finden. Die MDF-Platte macht das nicht. Ansonsten ist es wohl reine persönliche Empfindung, was man oder frau lieber mag. Pflege wie bei 5a.
5c. Lackfronten (supermatt, matt, seidenmatt, hochglänzend)
Die Klassiker unter den Küchenfronten. Hochglänzend seit Jahrzehnten auf dem Markt, millionenfach bewährt...Nachteile dürften bekannt sein (Abplatzungen möglich, Fingerabdrücke bei dunklen Farben, Lackküchen erfordern halt eine gewisse wohl bekannte Vorsicht im Umgang). Pflege wie bei 4 a, allerdings sollte man die Küche in den ersten 3 Wochen nach der Montage und Entfernung der Schutzfolien noch nicht ganz so "schrubben", da der Lack in dieser Zeit noch aushärtet.
6a. Glasfronten (also nicht nur als Glastür im Oberschrank, sondern komplette Küche)
Noch nicht so lange auf dem Markt, aber pflegeleicht und robust, da im Regelfall Sicherheitsglas. Reine Geschmacks- und Preisfrage. Pflege wie 1. und Glasreiniger geht auch.
6b. Edelstahl- und Aluminiumfronten
Für die, die mit einzelnen Schränken Eyecatcher setzen wollen, diejenigen, die es eiskalt mögen, und vielleicht auch diejenigen, die eine Küche nur als Raumausstattung sehen und immer essen gehen. Pflegeleicht und robust ist etwas anderes. Fingerabdrücke, Beulen, Kratzer, alles möglich. Aufwendige Pflege mit den entsprechenden Reinigern. Für das Familienleben mit Kindern und Tieren ganz klar das kalte Grauen. Hier kann ich mir meine persönliche Meinung leider nicht verkneifen, sorry.
7. Sonderwünsche, wie handpatinierte Massivholzküchen, lederbezogene Fronten, Einzelanfertigungen usw.
So, das war die doch viel länger als gedacht gewordene Grobübersicht, die nicht abschliessend ist, aber hoffentlich so die häufigsten Materialien beinhaltet und nicht ganz so viel Fachwörter enthält. Zumindest kann man jetzt den Küchenbauer mal auf den Zahn fühlen, ob er überhaupt weiss, was denn unter der Oberfläche steckt und ob der Preis dann gerechtfertigt ist. Der Preis einer Küche, bei gleicher Ausstattung dahinter, wird zunächst über die Wertigkeit der Front bestimmt. Also kostet die Küche bei 1. weniger als bei 6.
Viel Spass damit und LG, maxi