Minergie-P: ja oder nein?

aag

Mitglied
24. Juli 2010
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Isolation, sowohl thermisch wie auch akustisch, ist mir SEHR wichtig. Mein Architekt sagt, dass Minergie-P nur Zusatzkosten verursacht und keine Vorteile bietet. Er sagt, eine dicke Aussenwand gibt bessere Isolation und die Minergie-Tests seien sowieso Augenwischerei. Nun, ich bin Arzt und habe kein Wissen dazu - aber diese Aussagen haben mich sehr verwundert. Ob es amtlich zertifiziert ist oder nicht, ist mir tatsächlich egal, aber Dichtigkeit ist schon was Wertvolles. Ausserdem habe ich gelesen, dass die Kosten für die Zertifizierung eines EFH bei 1-2k CHF liegen, wenn dem so ist liegt das in statistischen Grundrauschen beim einem Projekt für 2M CHF. Was ist die gängige Meinung dazu?
 
Es ist verständlich, dass Sie sich sorgen um eine gute Isolation Ihres Hauses machen, da dies zu höherer Energieeffizienz und auch zu einem besseren Wohnkomfort führt. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die Energieeffizienz eines Gebäudes zu erhöhen und Isolation ist sicherlich eine davon.

Die Minergie-P-Zertifizierung geht über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus und garantiert eine sehr gute Energieeffizienz. Die Zertifizierungskosten belaufen sich in der Tat auf etwa 1-2k CHF, was bei einem Projekt von 2M CHF in der Tat vernachlässigbar ist.

Ihr Architekt hat Recht, dass eine dicke Aussenwand eine gute Isolation bieten kann, aber Minergie-P geht darüber hinaus. Die Minergie-Tests sind keine Augenwischerei, sondern garantieren, dass das Gebäude tatsächlich energieeffizient ist und eine gute Luftdichtigkeit besitzt. Wenn Sie also sicherstellen möchten, dass Ihr Haus wirklich effizient ist und einen hohen Wohnkomfort bietet, könnte die Minergie-P-Zertifizierung eine gute Wahl sein.

Letztendlich hängt die Entscheidung, ob Sie die Minergie-P-Zertifizierung durchführen möchten oder nicht, von Ihren Prioritäten und Ihrem Budget ab. Es ist jedoch wichtig, gründlich zu recherchieren und die Vor- und Nachteile abzuwägen, bevor Sie eine Entscheidung treffen.
 
Ich sehe das aus der Erfahrung heraus, eigentlich so wie dein Architekt. Am Ende hat man bei Minergie ein Zertifikat, also ein Blatt Papier für ~2000Sfr. Wichtig ist eine gute Dämmung oder den richtigen Stein, ein Blower Door Test, eine kontrollierte Wohnraumlüftung, und zu Mindest die Vorbereitung für Photovoltaik/Energiespeicher, falls nicht bereits vorgeschrieben. Also eigentlich alles Sachen, die man eh heutzutage machen sollte. Man muss auch wissen, alles basiert auf Rechenmodelle, welche dann in der Praxis eh nicht auf das Prozent genau hinkommen. Wichtig ist, dass der Architekt und der Bauleiter wissen was sie tun, und der Bauphysiker eine sauber Wärmebedarfsberechung macht.

Gruss Pit
 
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Ich sehe das aus der Erfahrung heraus, eigentlich so wie dein Architekt. Am Ende hat man bei Minergie ein Zertifikat, also ein Blatt Papier für ~2000Sfr. Wichtig ist eine gute Dämmung oder den richtigen Stein, ein Blower Door Test, eine kontrollierte Wohnraumlüftung, und zu Mindest die Vorbereitung für Photovoltaik/Energiespeicher, falls nicht bereits vorgeschrieben. Also eigentlich alles Sachen, die man eh heutzutage machen sollte. Man muss auch wissen, alles basiert auf Rechenmodelle, welche dann in der Praxis eh nicht auf das Prozent genau hinkommen. Wichtig ist, dass der Architekt und der Bauleiter wissen was sie tun, und der Bauphysiker eine sauber Wärmebedarfsberechung macht.

Gruss Pit
danke. Das tönt sehr vernünftig!
 
Genau so sehe ich das auch. Du brauchst/möchtest eine Dämmung die gut funktioniert und nicht ein Zertifikat ;)
Dennoch kann es Gründe für eine Zertifizierung geben, z.B. falls die Zertifizierung subventioniert würde.

Kleine Anekdote von einem Architekten an einer Energie Plus Tagung vor vielen Jahren:
Ein Kunde kam zu ihm mit einem Angebot über 5'000.- um eine Überdachung des Hauseinganges aus Beton (70ger Jahre Haus) abzubrechen, das dadurch entstandene Loch in der Fassade zu reparieren und eine neue Überdachung aus Glas anzubauen. Grund: Ein Energieberater hat empfohlen die Wärmebrücke Betonvordach zu entfernen, weil dadurch Energie gespart werden kann.
Der Kunde hat dann von dem Architekten für 2'000.- eine Solarzelle auf die Betonüberdachung bauen lassen, welche mehr Ertrag geliefert hat, als über die Wärmebrücke verloren ging.
Fazit: Eine Minergiezertifizierung wäre mit der Wärmebrücke nicht möglich gewesen, und doch war es ökonomisch und ökologisch sinnvoller, die Wärmebrücke nicht zu entfernen.
 
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Noch zur Info meinerseits
Unser Neubau sollte seinerzeit Minergie-P bekommen. In diesen Zeitraum wurden die Vorgaben des Wärmeverbrauchs bei Minergie-P nach unten angepasst. Wir wollten aber auch keine zusätzliche Dämmung, da a: nicht notwendig, b: mehr Kosten verursacht, c: eine weitere Fehler/Schadensquelle geschaffen wird. Mehr Gewerke, mehr Probleme. Wir haben ein monolithisches Mauerwerk, also 1 Ziegelstein mit 48cm, ohne jegliches zusätzliches Dämmmaterial. Nun habe ich auf deine Frage hin unseren tatsächlichen Wärmebedarf berechnet.. Dieser liegt bei 55.8kWh/m2 im Jahr. Minergie-P erfordert 50kWh/m2 im Jahr. Dazu muss man aber wissen, dass wir im Sommer mit der Heizung auch kühlen, und dadurch die Erdwärme um eine kondensationssichere Temperatur erhöht werden muss (also so von ~8° auf min. 16°). Legt man die Standardberechnungen zu Grunde, und rechnet die "Kühlzeit" ab, lägen wir real bei rund 47kWh/m2 im Jahr. Real wurde es für Minergie-P reichen, rechnerisch halt nicht.
Hier zur Info unser Haus. Leider hat sich beim aktualisieren des Haus-Forum Portals die Formatierung der Tabelle verabschiedet. Dort wäre eigentlich der Preisvergleich, ohne Dämmung, und mit verschiedenen Dämmarten nach unseren Offerten.
Gruss pit
 
Aber Dämmung wirkt nicht nur energetisch sondern auch akustisch. Mir wurde gesagt, der Einbau von dicken Dämm-Elementen (z.B. "Euromac 2") würde nicht nur der Minergie genügen sondern auch die akustische Isolation dramatisch verbessern. Stimmt das?
 
Ich halte nichts von solchen Systemen wie Euromac2. Ich möchte ein atmungsaktives Haus, deren Wände auch Feuchtigkeit regulieren können. Das ist bei diesen Systemen einfach nicht gegeben. Eigentlich bräuchten wir bei uns nicht einmal eine kontrollierte Wohnraumlüftung, wenn die Allergie meiner Partnerin nicht wäre. Das was mir auch nicht gefällt ist, dass man nach dem befüllen mit Beton eigentlich einen Verbundwerkstoff herstellt, welche sich zum Recycling kaum mehr trennen lässt. Den Stein den wir verbaut haben, hat einen Rw von ~54dB, +Putz. Bei Euromac2 wird wohl eher der Beton die massgeblich Grösse für den Schallschutz bestimmen, welche Art von Schall auch immer gemeint ist. Wir hören von aussen jedenfalls nichts. Wenn man gezielt auf Schallschutz achten will, kommen eher die Fenster selbst, und die Fensterflächen in Betracht.
Und das System mit gleicher Wandstärke bringt kaum einen besseren Dämmwert gegenüber unserem Stein, ok die 0.02W (m2.K) auf dem Papier.
Zumal bei diesen Wandstärken dann auch dazukommt, dass physikalische Grenzen erreicht werden, wo ein mehr an Wandstärke ökologisch nichts mehr bringt.
Warum soll ich also Wände aus "Plastik" machen, wenn es auch anders geht?

Gruss Pit
 
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Euromac 2 dürfte wegen dem Beton tatsächlich die (leicht?) höhere Schalldämmung aufweisen als eine ähnlich Dicke Mauer mit Ziegeln gemauert. Fachleute mögen mir diese starke Vereinfachung verzeihen, aber ich merk mir das immer so: Je schwerer, umso besser dämmt es den Lärm und je leichter, umso besser dämmt es die Temperatur.
Ganz so einfach ist es natürlich nicht, aber es hilft mir Baustoffe einzuschätzen und es zeigt auf, dass Wärme- und Schalldämmung sich in Teilen widersprechen. Soweit ich weiss, wird dieser Kompromiss von Stein-/Mineralwolle als Dämmmaterial und von Ziegelsteinen wie z.B. die von pitw verbauten Bricosol Primo als Mauerwerk am ehesten erfüllt. Mineralwolle alleine macht natürlich noch keine Wand, daher wird die im Wärmedämmverbundsystem verbaut. Davon bin ich aber auch kein Fan, die äusserste Schicht ist mir mechanisch zu empfindlich und soll ja auch anfällig für Verschmutzungen sein. Ich bin froh, dass ich Moment keine solche Entscheidung treffen muss, wüsste echt nicht, was ich machen würde. Es gibt einfach so viele Möglichkeiten. Diffusionsoffen sollte es für mich auch sein, daher würde ich auch alles aus "Plastik" meiden.
PS.: Ich find Euromac 2 toll um einen Pool zu bauen.
 
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